keinem wird in letzter zeit die diskussion um die novellierung des urheberrechtes entgangen sein, viele regen sich auch darüber auf, aber wie groß ist eigentlich die tragweite der geplanten änderungen?
zuallererst, ich bin auch dafür, daß ein künstler für seine arbeit angemessen entlohnt wird, wenn man sich aber auf der anderen seite ansieht, was bei einem normalen künstler im schnitt pro verkaufter cd landet ist es traurig und man kann wohl davon ausgehen, daß ein neues urheberrecht daran nichts ändern wird. wen die zahlen interessieren, kostet eine cd 18 euro, so erhält der künstler, sofern er nicht robbie williams heißt, gerade einmal 72 ¢. nun aber zurück zur novelle.
alle branchenvertreter scheinen sich einig zu sein, daß der weg in richtung drm und individualvergütung geht. derzeit gibt es die urheberrechtspauschalen auf geräte zur vervielfältigung, auch medien zur vervielfältigung wodurch der anwender sich ein recht auf private kopien erkauft, radiosender, diskotheken und lokale zahlen pauschalabgaben und dürfen spielen, was sie wollen. abgesehen von der streuung der vergütungen, gerade auf vervielfältigungsmedien über andere anwendungen hin (wie z.b. normale datensicherungen) ist dieses system relativ praktikabel. dies finden anscheinend auch die "absahner".
man könnte jetzt denken, daß mit den technischen möglichkeiten durch drm und der individualvergütung, sowie dem angepeilten verbot der privatkopie eine pauschale vergütung sinnlos wird, aber wer einmal eine einnahmequelle hat gibt diese wohl ungern frei. die medienvertreter wollen nämlich 2 standbeine. zum einen soll jeder für nutzung zahlen und zwar für jede nutzung, vervielfältigung und weitergabe soll illegal werden, auf der anderen seite sollen aber die pauschalabgaben bestehen bleiben.
der geneigte leser wird sich nun folgendes fragen: ich darf eine sache nicht nutzen, tu ich es werd ich erklagt, ich muß aber trotzdem für diesen fall pauschal zahlen?
die antwort ist einfach und lautet: Ja!
man stelle sich vor der einzelhandel drückt es durch, daß jeder bürger pauschal monatlich einen betrag für ladendiebstahl bezahlen muß. zwar ist ladendiebstahl gesetzeswidrig, er kommt also vor, demnach müsste jeder nürger erst einmal pauschal dafür bezahlen, daß er ein mutmaßlicher ladendieb ist. absurd? nein, einfach nur unverschämt.
naja, man könnte denken, daß man somit wenigstens die vielen kleinen künstler füördert, die zwar anspruchsvolle kunst bieten, aber nur ein kleines publikum haben. die realität lässt daran aber zweifeln. wenige künstler bekommen gagen, die sie niemals wieder einspielen können, dafür aber locker einen mittelgroßen südamerikansichen staat aufkaufen könnten, die gema begünstigt mit ihren verteilungsschlüsseln hauptsächlich die erben der erben der erben der erben eines musikers, der im 18. jahrhundert wirklich gute musik komponiert hat. da eben die gema mehr oder weniger auch durch die erben der erben der erben geleitet werden ist eine änderung so wahrscheinlich wie schnee an weihnachten (in bogotha).
na gut...das ist alles sehr unschön für kleinere künstler und vor allem die konsumenten, aber was macht man nicht alles für den fortschritt und die kultur...doch halt, was ist eigentlich mit der kultur? rundfunk, bibliotheken, der lehre?
fangen wir einmal mit rundfunk an (und gott weiß, daß ich nicht viel von ihm halte). derzeit zahlen sie ihren obulus und dürfen spielen, was sie wollen (was sie leider auch tun, statt zu spielen, was ich will). in zukunft, so es denn nach dem willen der rechteinhaber geht, werden radiosender explizit titel einkaufen müssen ohne sicher zu wissen, ob sie diese auch bekommen. naja, bei einigen wäre es bestimmt von vorteil, wenn sie sie nicht bekommen würden, aber man kennt ja jetzt schon die taktik: wenn ihr das nicht spielt und pusht, dann wird das und das nicht passieren...ergo werden die netten musikkonzerne bestimmen, welche sender welchen tollen neuen kübelböcksong spielen dürfen, was die kosten für rundfunk bestimmt astronimisch senken dürfte, auf das doppelte, die gez wird´s freuen.
gut..soweit dazu und nun zu unseren think tanks, den unis, bibliotheken, der forschung, etc....mit dem recht der rpivatkopie fällt auch das recht kopierschutz zu umgehen und das recht auf nutzung von quellen für forschung und lehre soll eingeschränkt werden. die utopie: "ich gehe in die bibliothek und muß um ein buch auszuleihen erst einen antrag stellen und einen kredit aufnehmen" scheint nicht mehr fern. oder: "ich brauch für meine studienarbeit einige zitate von nietzsche, wer gibt mir kredit?" scheint auch durchaus plausibel. die nächste pisa-studie wird dann wohl eher eine bothswana studie werden.
tja...der nutzer steht dann also unter schöner kontrolle, er darf zwar zahlen, aber nicht nutzen...da fällt mir gerade ein: kann ich meinen cd-wechsler im auto dann wegscmeißen?
soviele regelungen und so eine sensible technik wie drm ist ja aber bestimmt kontrolliert...hm..ja..von wem? ja genau, von denen, die sie nutzen. mal überlegen. drm wird ein bezahlsystem für kleinbeträge erfordern, daß relativ unkompliziert und schnell abgewickelt werden kann. man will ja schließlich nicht für jede 99 ¢ eine überweisung bei der bank aufgeben müssen, die das abspielen des lieblingsstückes im jahr 2006 kosten wird. das eröffnet schöne neue wege des mißbrauchst:
hallo lieber nutzer, herzlichen glückwunsch zum kauf von 999 mal den tophit "ich liebe meine fürze" von daniel kübelböck mit automatisiertem abspielen alle 5 minuten zum hammerpreis von nur 20 € pro durchlauf!...wer wird da nicht schwach....
und was ist das schönste an allem? der konsument macht trotzdem, was er am besten kann....konsumieren!
ps: rechtschreibfehler, blödsinn und übertreibungen kann jeder geneigte leser gerne behalten.
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interessanter gedanke.... allerdings sind es nicht die gesetzmäßigkeiten in der gesellschaft gewesen, die in Russland 1917 zum Umsturtz geführt haben (war eben "nur" ein Staatsstreich einer "idealistischen putschistenclique")
geschichtlich gesehen ist es ist immer nur einzelnen besonderen individuen vorbehalten gewesen für ein "höheres ziel" einzustehen und zu kämpfen. die masse lasst sich allerhöchstens eine zeit lang mitziehen, wird aber nicht wirklich von ihren niederen trieben ablassen (immer den kopf unten halten - nie die großen zusammenhänge sehen).
der mensch wird heute in die industrienationen dieser erde als konsument hineingeboren und dieses paradigma zu verlassen ist nur wenigen vorbehalten. solange die gesellschaft diesen lebensstandard halten kann besteht ja auch keine zwingende notwendigkeit. sollte der lebensstandard fallen wird erstmal weinerliches gejammer aufgesetzt (früher war halt alles besser....), eventuell wird versucht sich "alten zeiten" wieder anzunähern.
dass aber diese pervertierte ABZOCKE (an mittlerweilen allen enden) systemimmanent ist indem man die profitgeilheit als triebfeder menschlichen handels preist und man es mit maximalem egoismus bis ganz nach oben bringen kann nimmt die masse vielleicht stellenweise periphär wahr, sieht aber darin nichts abnormes (in sinne von "nicht erstrebenswert"). diese ganze kultur, in der die akkumulation von geld und reichtum gleichgesetzt werden mit gesellschaftlichen status vergiftet die "miteinander-atmosphäre"
ohne die eine gesellschaft nicht wirklich lebenswert ist. der baum des ungezügelten kapitalismus (und damit auch der maßlosigkeit, der ausbeutung, der chronischen unzufriedenheit, der rücksichtslosigkeit etc.) stellt den nährboden einer gesellschaft in dem maße in den schatten, dass eigenschaften wie maßhaltung, genügsamkeit, zivilcourage etc. verkrüppeln (beziehungsweise vielmehr auch einen nachteil darstellen).
der momentane auswuchs der musikindustrie ist daher auch nicht ungewöhnliches in dem sinne, sondern vielmehr ein ausloten um eben NOCH weiter zu gehen. wenn diesmal mitgezogen wird kommt in ein paar jahren der nächste hammer.
das modell eines (moralisch) funktionierenden kapitalismus kann nur umgesetzt werden, wenn auf der gegenseite ein sittlicher und moralisch korrekter bürger steht.
ist das der fall? NEIN
was heute bis die höchsten amter hinein mit korruption und vetternwirtschaft BESCHISSEN wird! jeder politiker im bundestag sitzt in zig vorständen der freien wirtschaft und macht sich damit aus geldgeilheit und machtsucht selbst unfrei.
auf der gegenseite seien als beispiel handwerksbetriebe aufgeführt, die die hälfe ihrer arbeit schwarz machen (meine erfahrung nach und dem was man liest und im freundeskreis sicht (korrigiert mich, wenn ich mich irre))
ich bin kein kommunist (dem stehe ich um einiges kritischer gegenüber) aber für den in der "westlichen welt" praktizierten kapitalismus kann ich immer weniger verständnis aufbringen
mein weltbild ist beileibe nicht vollständig (darf ja auch nicht). ich freue mich also über jede stellungnahme bzw. kritik.......
Earl