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Alexander Suppenstar - das Niewo singt

Olaf19 / 20 Antworten / Flachansicht Nickles

Hallo zusammen. 


Er hat es geschafft. Ein Blick auf die bei MediaMarkt aushängenden Charts verrät: "Alexander" kracht mit Take Me Tonight gleich in der ersten Woche nach Veröffentlichung auf Platz 1 bei den Singles - und verhindert damit den ersten Number-One-Hit für Modern Talking seit 1986 (Platz 2 mit TV Makes The Superstar). Trotzdem Grund zur Freude für Dieter Bohlen: Sein erster "Doppelpack" an der Spitze der Charts seit fast 17 Jahren ist perfekt (damals Spitzenreiter mit Modern Talking und Atlantis is Calling vor Chris Normans Midnight Lady).


So, nun aber genug mit Statistik. Ich greife ins Regal, schnappe mir die Alexander-Single und füge sie zur Liste der Mal-eben-reinhören-CDs hinzu. Schließlich muß man ja wissen, worüber man immer so eifrig mitlästert. Mein Lieblings-CD-Player ganz in der äußersten linken Ecke ist auch gerade frei. Ich höre aber erstmal in ein paar andere CDs hinein... aber dann packt mich doch die Neugier und ich öffne die Alex-CD. Auf der Booklet-Innenseite schaut mich ein Mittelding aus Oblatenengel, Boygroup-Mitglied und Vorzeige-Schwiegersöhnchen selig lächelnd an.

Die Musik beginnt. Ein zischelnder Beckensound, bimmelnde Glöckchen und/oder Celesta. Klavier und Gitarre zirpen ein Intro daher. Oh Baby... haucht Alexander. Es folgen Textbausteine à la when I touch you it's like fantasy oder so ähnlich. Und ganz wichtig: You're my angel... my guardian angel. Singen kann er, und Stimme hat er - auch wenn ich sie nicht mag. Klingt alles zäh wie Kaugummi und irgendwie schleimig. Wie eine typische 0815-Mainstream-Popballaden-Produktion aus den USA - oder eben auch von hier.

Dann der Refrain: Take me tonight, anything is possible, time's on my side, und so weiter und so fort. Schwamm drüber über die Texte - irgendwas muß der Mensch ja zu singen haben. Die Musik kulminiert in einer mega-abgedroschenen Quintfallsequenz. Klingt jetzt eher nach gutem altem Deutschen Schlager als nach US-amerikanischer Boygroup. Dieter Bohlen ist seinem Traum von der banalst-möglichen Allerwelts-Schnulze wieder ein großes Stück näher gerückt.

Und auch sein Vorrat an Textbausteinen hat das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht. Die zweite Strophe macht dort weiter wo die erste aufgehört hat. Damit auch niemand vorzeitig einschläft, wird der zweite Refrain durch einen bierselig-mitgrölenden Chor verstärkt: TAKE ME TONIGHT - ANYTHING IS POSSIBLE - TIME'S ON MY SIDE... noch niemand eingepennt? Ja, das ist der Stoff aus dem Number-One-Hits in Deutschland gemacht sind. Und schon sind vier Minuten vorbei...

Dann gibt es das Machwerk noch als Instrumental-Version - Alex darf seine Stimmbänder zwischenzeitlich auch mal schonen - und als Extended-Version (5 min 19 sec) mit extra-ausgedehntem Intro. Wo der restliche Teil der zusätzlichen 79 Sekunden herkommt, bleibt auch meinem Forschergeist verborgen.

Und dann wäre da noch die neue Single von Daniel K.: You Drive Me Crazy - glaub ich sofort... aber die tu ich mir nicht auch noch an, sonst muß ich noch kübeln. Hat mal wieder einer den Böck zum Gärtner gemacht...

CU
Olaf

Die Welt ist ein Jammertal ohne Musik. Doch zum Glueck gab es Bach, Beethoven, Haendel und Goethe (Helge Schneider)
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pco Amenophis IV „ Wer, bitte, ist Alexander ??? Also, ich kenne meine Nachbarn, meine Kinder,...“
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Nun, ich sehe Du bist nicht auf dem Laufenden:
Gedankenspiel:
1. Stell Dir vor, Du nimmst einen geldgierigen Musiker (wir nennen ihn hier mal Dieter) und Produzenten, der selber zu Weihnachten erst von Thomas Anders einen dritten Akkord geschenkt bekommen hat und paarst ihn mit weiteren geldgierigen Produzenten.
2. Diese illustre Gruppe monetär animierter Musikfaschisten nennen wir jetzt Jury. Hinzu kommen noch zwei Laienmoderatoren mit leichter Affinität zum Teleprompter und kleinen Handzetteln.
3. Nun benötigen wir noch einen Werbe-Hype und zwei TV-Sender. Nehmen wir RTL und VOX (bekannt für seine Pornos für Sozialhilfeempfänger).
4. Als nächstes lassen wir 10.000 Leute zu einem Casting zu, ohne jede Berücksichtigung eines Lebenslaufes oder einer Ausbildung. Die sollen was trällern und wenn der "Jury" das gut gefällt, dann bleiben sie im Rennen.
5. Nach einer million Wochen oder so sind noch 10 übrig, aus denen das Publikum dann wählen "darf". Das besondere an den 10 Leuten - im Endeffekt sind alle gleich - den Küblböck mal ausgeschlossen, der ist "anders".
6. Nun wird jede Woche, ähnlich wie bei "Big Brother" einer vom Publikum abgewählt bis nur noch einer übrig ist.
Dass das Ergebnis durch die Wahl der Lieder und die Kommentare der Jury massgeblich beeinflusst wird, dass dann aus den letzten 10 noch einer freiwillig ausscheidet... alles Gerüchte!
Irrelevant zu sagen, dass hier nicht der beste gewinnt, sondern der populärste!
7. Nun muss man noch flugs eine Ode an die Freude zusammenkomponieren. Wichtig ist, dass das Word "dream" sowie "life" drin vor kommen... der pathetische Einheitsbrei aus 3 Akkorden und einer A-Kappella-Leistung, für die man dem Toningeneur einen Oscar geben sollte, nennt sich dann "We have a dream (music us our life)".
Das lied könnte auch prima Werbung für Schlaftabletten machen und verkauft sich besser als warme Semmeln.
8. Fortfahren mit geheul Tamtam und reichlich medienaufgebot. Auswahlkriterium für das Publikum: Keine Schambehaarung!
9. Nach vielen Wochen steht der Sieger nun fest. Er heisst Alexander und ist dank geistiger Gleichschaltung nun auch ein Publikumsliebling. Doch auch der zweite und dritte bekommen ihre Chance auf ein eigenes Musikalbum.
10. Schnell werden die Alben hintereinander weg produziert. Dem Dieter sein Tonstudie läuft heiss. Geld verdienen bevor der Hype zu Ende geht...

"Deutschland sucht den Superstar" ist die Antwort auf die Frage, ob es nach Boygroups und Big Brother noch eine Steigerung geben kann...

PCO

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