Na, erkennt Ihr Euch in nachfolgendem Text wieder, Ihr Pseudo-Rebellen und Hardcore-Puristen?
Purismus ist die Geißel der Menschheit! Schlimmer als Webbrowser von Microsoft oder Vera am Mittag sind Leute, die der festen Überzeugung sind, irgendetwas sei nur in einer bestimmten, reinen Ausprägung wertvoll.
Schonmal einen fetten überzüchteten Mops gesehen? Klar, ein Mops muß fett sein, das verlangt die Zucht. Das das Tier dann nicht lange lebt, ist ja nicht so wichtig.
Oder einen reinen Arier? Das sind die Leute, die so deutsch sind, daß sie keinen Genitiv kennen. Extra für Euch übrigens ein kleiner Hinweis: Dramaturgie ist nicht ansteckend!
Fundamentalistische Religionsfanatiker schießen den Vogel natürlich total ab. Hat Euch auch schonmal jemand erzählt, daß Ihr in die Hölle kommt, wenn Ihr die Eagles hört? ´Hotel California´ ist glasklar eine Satansanbetung. Das Rockmusik böse ist steht ja auch in der Bibel. Wo? Äh, Moment, ich schau mal nach...
Und auf meinen Computer kommt nichts, was nicht der Foobar Public License entspricht. Jede andere Software ist von Übel.
All die obigen Beispiele haben eins gemeinsam, nämlich, daß sie die Weisheit mit Eßlöffeln in sich hineingeschaufelt haben und jetzt im Besitz der allein seeligmachenden, endgültigen Wahrheit sind, die ihnen aber so schwer im Magen liegt, daß sie jetzt allen anderen auch den Spaß am Leben versauen wollen.
Woran erkennt man einen Puristen
Das wichtigste habe ich oben schon erwähnt: Wer die absolute Gewißheit über die endgültige Wahrheit irgendeiner Sache hat, der ist ein Purist.
Natürlich kann es Puristen in viellerlei Hinsicht geben. Jemand, der in sonst jeder Hinsicht normal ist, kann z.B. meinen, nur ein ganz bestimmtes Modell einer Horex von 1967 sei überhaupt ein Motorrad.
Es gibt zum Beispiel Hifi Puristen, die meterdicke Kabel durch ihr Wohnzimmer legen, und nur sündhaft teure analoge Plattenspieler verwenden, da bei der Digitalisierung eines Audiosignals ja Informationen verloren gehen. Der Anmerkung, daß ja auch durch das Mikrophon die Signale verfälscht werden, entgegnen sie, nachdem sie ihr gesamtes Vermögen in Ihren Fetischismus investiert haben, jovial mit einem "Ach, weißt Du, man kann auch übertreiben."
Man kann!
Aus seiner absoluten Gewißheit folgert der Purist natürlich, daß jede Abweichung von der reinen Lehre lächerlich, merkwürdig, nutzlos, störend, unästhetisch oder eklig ist, und im allerschlimmsten Falle als intolerabel zu bezeichnen, und zu verfolgen ist. Das ist der Kern des Purismus: Abweichung von der reinen Lehre ist von Übel.
Und das ist etwas anderes, als die Reinheit Deiner Unterwäsche, was hier mit Reinheit bezeichnet wird.
Reinheit ist das Ideal! Und der Purist lebt in Ignoranz darüber, daß ein Ideal niemals absolut realisiert werden kann, und in dem Wahn, daß er es durch sein idiotisches Verhalten bereits realisiert.
Hegel war der Meinung, der Preußische Staat seiner Zeit verkörpere den Idealen Staat.
Es gibt Idioten, die meinen, ein Unix verkörpere das ideale Betriebssystem. Aller Zeiten! Ok, Nostalgie ist etwas schönes, aber wenn wir heute ernsthaft mit einem Rechner der unter CP/M läuft (oder Multics, oder CBM-Basic?) arbeiten müßten, würden wir aus dem Kotzen nicht mehr rauskommen. Genauso wird es in 10 Jahren mit heutigen Betriebssytemen und Rechnern aussehen. Damit kommen wir zum eigentlichen Thema:
Puristen und Computer
Es ist gleichzeitig augenfällig und vollkommen absurd, daß in der Computerbranche, in der sich alles ständig rasend schnell ändert, ausgerechnet so viele verdammte Puristen anzutreffen sind.
Wahrscheinlich reagieren die kleinen Primaten verängstigt ob all der Veränderung und klammern sich krampfhaft an ihren Bäumen fest. Um Douglas Adams zu zitieren: "Andere wiederum meinten, man hätte die Ozeane garnicht erst verlassen sollen."
Und komischerweise sind es auch immer die guten alten Sachen, die das wahre Ideal verkörpern. Kernigham & Ritchie C, die PDP-11, der Editor "ed" (wahre Puristen benutzen doch kein vi!), Windows 3.11. Also sind Computer-Puristen in Wahrheit Traditionalisten?
Klar doch!
Was sonst! Aus dem oben genannten Merkmal der ausschließlichen Verfolgung des reinen Ideals folgt der Traditionalismus zwar nicht notwendig logisch, aber praktisch doch zwingend, da es ja auf Dauer unbefriedigend sein muß, sein Ideal niemals realisiert zu sehen.
Das ist wahrscheinlich eine Ermüdungserscheinung. Irgendwann hat man zu lange mit diesen Scheißkisten gearbeitet, in einer Branche in der man eigentlich täglich etwas neues lernen muß, und sollte eigentlich was anderes machen. Stühle tischlern, oder Zitronenbäume pflanzen. Endlich mal einen nützlichen Beruf, wie Bäcker oder Maurer.
Oder Straßenkehrer.
Aber auch Computerfreaks und Informatiker werden eben alt. Und dabei erschreckend oft zu Puristen.
Bevor mir das passiert, erschießt mich bitte.
Ein Purist weniger!
Danke!
(Anonym)
