Diese Argumentation ist eine Groteske, und das aus mehreren Gründen:
Wer "innere Vorgänge wie Empfinden und Gefühle sowie Überlegungen, Ansichten und Erlebnisse höchstpersönlicher Art zum Ausdruck" bringen will, macht dies nicht in Interaktion mit dem Rechner, weil er sich der IT-Sicherheitsrisiken bewusst ist (bzw. sein müsste). Mehr noch als im Rahmen einer Verfassungsschutzbeobachtung muss er damit rechnen, dass solche Daten von "privater" Seite eingesehen, manipuliert oder gelöscht werden.
Der Bürger soll also bewusst keine Daten aus der Privatsphäre auf seinem Computer speichern, weil er sich der Gefahr der Ausspionierung bewusst sei, man geht aber gleichzeitig davon aus, dass der böse Verbrecher und Terrorist seine geheimen Pläne auf dem Computer speichert, weil er sich dessen nicht bewusst ist? Diese Art der Argumentation ist ein Schuss ins eigene Knie.
Geht man davon aus, dass die Onlinedurchsuchung relevante Informationen bringt, dann gesteht man ein, dass sich Zielpersonen auf ihrem PC sicher wähnen. Gilt diese Annahme folgt logischerweise, dass ebenso Daten aus dem privaten Bereich ebenso auf dem Rechner landen müssen.
Würde man den Kernbereichschutz hier streng in dem Sinne verstehen, dass das Risiko des "Betretens der besonders schutzwürdigen Privatsphäre" einen Zugriff ohne Abwägung ausschließt, ein Computer (auf dem sich im Dateienverzeichnis Geschäftskorrespondenz unmittelbar neben privaten Fotoalben und eventuell heruntergeladenen Musikclips und Erotikdateien befinden kann) heute weder beschlagnahmt noch durchsucht, ja nicht einmal durch staatliche Instanzen "hochgefahren" werden kann.
Eine klare Tatsachenverdrehung. Würde diese Aussage stimmen, so dürften auch keine richterlichen Hausdurchsuchungen stattfinden, da hier ebenfalls der Bereich der privaten Lebensführung betreten wird.
Kernaussage (wie sie von Twister ja bereits formuliert wurde) bedeutet zuende gedacht, dass Person, die sich bewusst in ein potentiell gefährliches Umfeld begibt, jeglichen Rechtsschutz verliert. Würde sich diese Annahme durchsetzen, so würde jeder Verkehrsteilnehmer selbst Schuld tragen in einen Unfall (auch unverschuldet) verwickelt zu werden. Jedes Verbrechensopfer, welches nachts auf einer schlecht beleuchteten Straße überfallen würde müsste sich selbst die Schuld zuschreiben lassen... etc.
Die Richter machen also vor allem die Benutzung des Internet zu einer Tätigkeit, für die kein Recht auf Privatsphäre beansprucht werden kann, weil Computer gehackt oder Informationen abgehört werden können. Man bewegt sich damit nach Ansicht des US-Gerichts bereits in einer potenziellen Öffentlichkeit. Daraus ließe sich dann eben auch ableiten, dass die Überwachung der Internetaktivitäten auch kein Eindringen in die Privatsphäre ist. Für die Verfechter der Online-Überwachung in Deutschland würde das amerikanische Urteil eine Unterstützung mit sich bringen. Da man bei der Internetnutzung sowieso nicht vernünftig erwarten könne, dass die Privatsphäre geschützt bleibt, wäre auch dann, wenn sich der Rechner in der Wohnung befindet, die in der Verfassung garantierte Unverletzlichkeit der Wohnung nicht maßgeblich.
So, nun betreiben wir mal etwas Überspitzung und verdrehen die Aussage mal etwas ohne den Sinn zu verändern:
Die Richter machen also vor allem die Benutzung der menschlichen Sprache und Schrift zu einer Tätigkeit, für die kein Recht auf Privatshphäre beansprucht werden kann, weil Sprache auch von Mithörern verstanden und Briefe von unbefugten gelesen werden könnten. Man bewegt sich damit nach Ansicht des US-Gerichts bereits in einer potentiellen Öffentlichkeit, weil theoretisch jemand mitlauschen kann wenn man z.B. mit seinem Anwalt, Seelsorger oder Arzt spricht oder ein Brief versehentlich falsch zugestellt werden kann. Daraus ließe sich eben auch ableiten, dass die komplette Überwachung aller Post und aller Gespräche auch kein Eindringen in die Privatshphäre ist.
So, gleiche Kernaussage, nur mal etwas überspitzt auf etwas angewandt, was wirklich jeden betrifft. Eigentlich ist es schon nicht mehr nur grotesk, sondern schon absurd aus der Tatsache, dass es eine theoretische Abhörmöglichkeit gibt abzuleiten, dass es ergo auch keinen gesetzlichen Schutz geben kann.
Da prinzipiell alles abgehört und überwacht werden kann erstreckt sich diese Argumentation, wenn man es zuende denkt, jegliche Art der Kommunikation, on wie offline.
Zudem schießen sich die Befürworter hier schon wieder selbst ins Knie, da ja die Onliendurchsuchung auch aus dem Grund gefordert wird, weil man befürchtet die Kommunikation von Terroristen und Verbrechern sei aufgrund von Verschlüsselung nicht abhörbar und man müsse auf deren Rechner um die Kommunikation vor dem Verschlüsseln abzufangen, bzw um an die Schlüssel zu kommen. Man will also ein Mittel um nicht abhörbare Informationen zu erlangen mit der Möglichkeit begründen diese Informationen seien sowieso grundlegend abhörbar.