Der eine will im Wohnzimmer TV gucken, der andere ein Hörbuch hören - eine schwierige Situation bei der meist nur getrennte Räume helfen.
In vielen Situationen gibt es allerdings keine Fluchtmöglichkeiten vor störenden Nebengeräuschen: der Sitznachbar in Bahn oder Flugzeug schnarcht, eine laute Unterhaltung gegenüber zermürbt, der Nachbar wirft wieder mal den Laubbläser an.
Eine moderne Rettungsmethode sind Ohrhörer mit aktiver Umgebungsgeräuschunterdrückung (ANC). Das ist eine technisch recht aufwändige Sache, geht über “mechanische Ohropax” weit hinaus. Unerwünschte Außengeräusche müssen mit Rechenleistung analysiert und weggefiltert werden. Details zur Methode gibt es in diesem Wikipedia-Beitrag.
Drahtlose Bluetooth-”Ohrstöpsel” gibt es in üppiger Auswahl, die Preisspanne ist ebenfalls enorm: los geht es bei rund 30 Euro, auf hört es jenseits von 1.000 Euro - das sind dann Modelle für HIFI-Fanatiker die gar einen eignen “Ohrmuschelabdruck” erfordern. Für viele gewiss am attraktivsten ist die bezahlbare Mittelklasse um 100 Euro. Unterschieden werden muss abseits von Klangqualität in allen Preisklassen ob Umgebungsgeräuschunterdrückung (ANC) vorhanden ist oder nicht. Erfreulicherweise gibt es auch in der Preisklasse unter 100 Euro inzwischen Modelle mit ANC.
Und auch hier heißt es Qual der Wahl. Stellvertretend wurden hier mal die Comfobuds Pro von More ausprobiert, das Testgerät wurde von Goboo bereitgestellt.
Die Comfobuds Pro von More gibt es dort bereits für knapp 60 Euro (aktueller Preis siehe hier).
Unter uns: Vorab klipp und klar: der “Test” der Dinger ist mir schwergefallen. Es handelt sich hier um die ersten True Wireless Ohrhörer die ich jemals ausprobiert haben, auch mit ANC habe ich keinerlei Erfahrung.
Seit zig Jahren verwende ich eher sehr günstige drahtgebundene Ohrstöpsel mit klassischem “Klinkenstecker” am Kabelende. Nach diversen Experimenten bin ich dauerhaft bei den klassischen Earpods von Apple gelandet, die inzwischen nur noch knapp 20 Euro kosten.
Diese drahtgebundenen Teile sind flach und hängen recht locker im Ohr, es sind keine “In-Ear”-Modelle die mittels einer “Silikon-Muffe” fest ins Ohr gepfropft werden. Ich finde dieses “Zustöpseln” schlichtweg unbequem - vielleicht sind meine Ohren auch einfach zu empfindlich dafür. Auch mache ich was man eigentlich nicht sollte sehr gern: Fahrradfahren mit Ohrhörern. Dabei drehe ich die Lautstärke nur sehr gering auf und normale “eingehängte” Ohrstöpsel lassen die Umgebungsgeräusche auch recht gut durchBei True Wireless Ohrhörern geht das nicht.
Diese Dinger sind generell In-Ear-Modelle mit Silikon-Muffen, weil sie sonst nicht genug Halt haben. Also: ich kenne eigentlich nur günstige klassische Ohrhörer, habe keine Erfahrung mit ANC und bin auch kein HIFI-Enthusiast. Ich schildere hier also meinen ersten Kontakt mit True Wireless In-Ear-Ohrhörern mit Umgebungsgeräuschunterdrückung. Wen dieser Mangel an Erfahrungswerten abschreckt - bitte schnell weglaufen und nicht weiterlesen! Wer allerdings wissen will, was bei meinem Ausprobieren dieser 60 Euro Dinge so rauskam, bleibt hier…
Ersteindruck
More legt Wert auf ein großartiges “Unboxing-Erlebnis”: der Verpackungskarton hat einen “Magnetverschluss, der Lieferumfang besteht aus den beiden Ohrstöpseln, Aufbewahrung-/Ladeschale, USB-Ladekabel, einem “Stoffsäckchen” und Manual (auch deutschsprachig). Neben den bereits montierten Gummistöpseln, die für die meisten Ohren taugen dürften, packt More noch drei weitere Varianten bei. Damit dürfte jeder das für ihn passende und bequemste Setup kriegen.
Allen Bluetooth-Kopfhörern ist gemeinsam, dass es auf mehr als nur Klangqualität und Tragekomfort ankommt. Die Transportschale, die auch als mobiles Ladegerät dient, muss handlich und kompakt sein, die Laufzeit muss passen. Da die “Stöpsel” auch als Headsets zum Telefonieren dienen, ist es wichtig, dass die eingebauten Mikrofone saubere Sprachqualität übertragen und auch Umgebungsgeräusche ordentlich wegfiltern können.
Ein Schwerpunkt der Comfobuds Pro sind diverse Möglichkeiten zum Herausfiltern der Umgebungsgeräusche. Diese “ANC”-Technik ist bei drahtlosen Ohrhörern unter 100 Euro noch nicht sehr verbreitet.
Zig Bilder und technische Details gibt es auf der Produktseite, drum hier gleich direkt zur Praxis.
Praxis
Nach Herausnehmen aus der aufklappbaren Schale aktivieren sich die Stöpsel automatisch, koppeln sich (Pairing) und stellen die Verbindung zum Bluetooth-Gerät her, mit dem sie gekoppelt sind. Die Ohrhörer schnappen magnetisch in der kompakten Aufbewahrungs-/Ladeschale fest, lassen sich leicht einlegen und raus nehmen.
Die Kopplung mit einem Bluetooth-Gerät erfolgt mit der üblichen Prozedur, die Taste zum erstmaligen Koppeln findet sich auf der Transportschale (3x Drücken um Kopplungsmodus zu aktivieren). Das Koppeln klappte mit allen Geräten schnell und simpel: TV, Tablet, Smartphone wurden ausprobiert.
Die Ohrhörer funktionieren - so wie es sein muss - “Out-of-the-box”, nach der Kopplung legen die Comfobuds mit den Standardeinstellungen los. Die sind gut ausgewogen gewählt, passen für fast alle Anwendungsfälle, Musik, Filme, Hörbücher und dergleichen. Mit den vorinstallierten “Silikonmuffen” stöpseln sich die Comfobuds (jeweils 5,2 Gramm leicht) fest ins Ohr. Für bestmöglichen Tragekomfort sollte man die drei alternativen Muffen ausprobieren. Klanglich machen die Muffen keinen großen Unterschied - es geht hier nur um bestmöglichen Sitz im Ohr.
Geräte, die den Sound über Bluetooth an Ohrhörer weiterreichen, bieten in der Regel keine umfangreichen Einstellungen für Klang oder Funktionen selbiger. Hierfür muss die App der Ohrhörer installiert werden (für Android via Play Store). Die “1 More Music”-App ist aufgeräumt und selbsterklärend, auch eingedeutscht. Sie informiert über Ladezustand von Ohrhörer und Ladeschale und bietet verschiedene ANC-Methoden zur Umgebungsgeräuscheunterdrückung an - von “aus” über “stark” bis “WNR”, das speziell zum Filtern von Windgeräuschen dient.
Das Highlight der Comfobuds Pro ist das für diese Preisklasse eher unübliche ANC. Die Wirkung der Umgebungsgeräuschfilterung lässt sich live durch Aktivieren der verschiedenen Modi in der App austesten. Es gibt diese “Anhörungsmodi”:
Aus - kein ANC. Natürlich dämpfen bereits die Silikon-Muffen Außengeräusche, aber sie sind dennoch wahrnehmbar.
Stark - maximale Außerngeräuschuntedrückung.
Ausgewogen - mittelstarkes ANC, sinnvoll wenn man sich nicht komplett von der Außenwelt isolieren will.
Durchlass - hier schalten die Mikrofone direkt durch, es hört sich fast an, als ob man die Ohrhörer nicht trägt. Bei diesem Modus ist im Gegensatz zu den anderen ein sehr leichtes Grundrauschen zu hören. Durchlass ist generell die richtige Wahl beim Telefonieren über die Ohrhörer, damit man auch die eigene Stimme klar hört.
WND - dieser Modus ist speziell dazu gedacht um starke Windgeräusche im Freien zu minimieren.
Wer ANC noch nie zuvor erlebt hat, wird es nicht mehr missen wollen, der Praxisnutzen ist enorm. Insbesondere bei Hörbüchern ist es klasse, wenn man “Gelaber” aus der Umgebung ausbremsen kann.
Ein zwangsläufiger Preis von ANC ist etwas erhöhter Stromverbrauch. Mit ANC sollen die Ohrhörer bei mittlerer Lautstärke laut Hersteller rund 6 Stunden durchhalten, ohne ANC rund 8 Stunden.
Individuell einstellbare Equalizer-Einstellmöglichkeiten gibt es nicht, es werden 22 Soundprofile angeboten, die beispielsweise Bass reduzieren/erhöhen oder für diverse Musikstile sinnvoll sein sollen. In der Praxis zeigte sich, dass die Standardeinstellung eigentlich für alles gut ausgewogenen Klang liefern. Für Hörbücher und gesprächslastige TV-Sendungen ist eventuell reduzierter Bass sinnvoll, je nach eigenem Geschmack. Die Ohrhörer reagieren beiderseits auf Berührung. Durch Antippen, Mehrfachantippen und “Berühren und halten” der “Bügel” lasen sich voreinstellbare Funktionen auslösen. Beispielsweise Pause/Wiedergabe, nächster/vorheriger Titel, Lautstärke oder einen der ANC-Level anwählen.
Gesamteindruck prima
Es ist unmöglich irgendeinen Ohrhörer oder Kopfhörer pauschal zu empfehlen - zu groß ist hier das persönliche Geschmacksempfinden. Ich nutze seit Jahren (obgleich ich Apple-Produkte eigentlich nicht mag) die ganz einfachen klassischen drahtgebundenen Earpods von Apple, die es in der Ausführung mit “Klinkenstecker” inzwischen für rund 20 Euro gibt. Ich mag solche Dinger, weil sie “locker” im Ohr hängen und nicht mit “Silikon-Muffen” festklemmen. Ein Filtern von Umgebungsgeräuschen ist damit natürlich nicht möglich.
Bezüglich “Bass” und Klangvolumen gewinnen die Comfobuds Pro vergleichsweise mit enormem Abstand und die ANC-Filter blenden die Umgebung erfolgreich aus - irgendein “Schnarchen” vom Sitznachbar in Flugzeug, Bahn oder sonst wo hat da keine Chance mehr. Wer ungestört Sound hören will, ist mit solchen Drahtlos-Ohrhörern mit ANC sehr gut beraten.
Abseits vom Gerät mit der Steuerungs-App, speichern die Comfobuds Pro die gewählten Einstellungen und verwenden sie auch bei Nutzung an anderen Geräten. So haben sich die Dinger beispielsweise auch prima zum ungestörten Fernsehgucken und Playstation-Zocken bewährt.
Für HIFI-Fanatiker gibt es auch bei Ohrhörern preislich nach oben wie eingangs gesagt fast kein Limit, wer wenig Geld für attraktive Leistung blechen will, macht mit den Comfobuds Pro nichts falsch.
Der chinesische Versandhändler Goboo (der auch das Testgerät hier lieferte) bietet die Comfobuds Pro (zum Zeitpunkt dieses Tests) für 59 Euro versandkostenfrei an, liefert aus Spanien binnen 3-5 Werktagen, unterbietet den marktüblichen Preis damit um rund 20 Euro. Ob Deal oder nicht muss natürlich jeweils ein aktueller Preisvergleich entscheiden. Den aktuellen Preis von Goboo gibt es hier. Wie üblich handelt es sich hier um einen Affiliate-Link, Nickles.de verdient bei jeder Bestellung eine Wahnsinnsbetrag mit.
Im Netz gibt es diverse Text- und Video-Reviews der Comfobuds Pro. Dass die Testgeräte in der Regel gratis vom Hersteller oder Händler bereitgestellt werden und es eben die Affiliate-Provision gibt, provoziert natürlich einen gewissen Beigeschmack. Im Fall der Comfobuds Pro habe ich mir diverse Reviews durchgelesen und angeguckt und kann die generell sehr guten Testergebnisse der Kollegen bestätigen. Wer es ganz genau wissen will kann also googeln und sich präzise Hörtests mit unterschiedlichen Musikstücken schildern lassen, erfährt, wie sich die Comfobuds Pro beim Fahren im Cabrio bewähren, wie sie sich im Direktvergleich mit - meist viel teureren Konkurrenten - behaupten können.
Unterm Strich kommt dann raus: die Comfobuds Pro bieten ein klasse Preis-/Leistungsverhältnis - gerade im Hinblick auf die Umgebungsgeräuschunterdrückung mit ANC. Ich empfehle zu den weißen Modellen zu greifen, auch wenn sie je nach Marktlage vielleicht 2-3 Euro mehr kosten: die findet man leichter als blaue und schwarze wenn sie mal runterfallen.
Werde ich von den drahtgebundenen alten Apple-Earpods zu den Comfobuds Pro wechseln? Wechseln nein. Ich werde künftig je nach Situation beide nutzen. In ruhiger Umgebung und für “Hörbücher” reichen mir die alten normalen voll aus. Wenn irgendwo störende Geräusche drohen, werde ich aber garantiert die Comfobuds Pro einpacken - auch wenn ich wie eingangs gesagt “zugestöpselte Ohren” nicht wirklich mag. Silikon-Muffen bringen allerdings wohl auch generell den Vorteil, dass “Bass” einfach fetter, besser rüberkommt, sie klingen nicht “blechig”. Musikhören knallt mit den Comfobuds Pro ausdrücklich besser. Juckt es mich mal richtig teure Wireless-Geräte mit ANC auszuprobieren? Nein. Was die Comfobuds Pro zu ihrem günstigen Preis liefern reicht mir schlichtweg voll aus.
Diskussion
An dieser Stelle wie immer die herzliche Einladung zum Mitreden. Was sind Eure Erfahrung mit True Wireless Ohrhörern, ANC und dergleichen?