Zwei reisende Engel machten Halt, um die Nacht im Hause einer wohlhabenden Familie zu verbringen. Die Familie war unhöflich und verweigerte den Engeln, im Gästezimmer des Haupthauses auszuruhen. Anstelle dessen bekamen sie einen kleinen Platz im kalten Keller. Als sie sich auf dem harten Boden ausstreckten, sah der ältere Engel ein Loch in der Wand und reparierte es. Als der jüngere Engel fragte, warum, antwortete der ältere Engel:
"Die Dinge sind nicht immer das, was sie zu sein scheinen."
In der nächsten Nacht rasteten die beiden im Haus eines sehr armen, aber gastfreundlichen Bauern und seiner Frau. Nachdem sie das wenige Essen, das sie hatten, mit ihnen geteilt hatten, ließen sie die Engel in ihrem Bett schlafen, wo sie gut schliefen. Als die Sonne am nächsten Tag den Himmel erklomm, fanden die Engel den Bauern und seine Frau in Tränen. Ihre einzige Kuh, deren Milch ihr alleiniges Einkommen gewesen war, lag tot auf dem Feld.
Der jüngere Engel wurde wütend und fragte den älteren Engel, wie er das habe geschehen lassen können?
"Der erste Mann hatte alles, trotzdem halfst du ihm", meinte er anklagend. "Die zweite Familie hatte wenig, und du ließest die Kuh sterben." "Die Dinge sind nicht immer das, was sie zu sein scheinen", sagte der ältere Engel.
"Als wir im kalten Keller des Haupthauses ruhten, bemerkte ich, dass Gold in diesem Loch in der Wand steckte. Weil der Eigentümer so von Gier besessen war und sein glückliches Schicksal nicht teilen wollte, versiegelte ich die Wand, so dass er es
nicht finden konnte. Als wir dann in der letzten Nacht im Bett des Bauern schliefen, kam der Engel des Todes, um seine Frau zu holen. Ich gab ihm die Kuh anstatt dessen. Die Dinge sind nicht immer das, was sie zu sein scheinen."
Manchmal ist das genau das, was passiert, wenn die Dinge sich nicht als das entpuppen, was sie sollten. Wenn du Vertrauen hast, musst du dich bloß darauf verlassen, dass jedes Ergebnis zu deinem Vorteil ist.
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Schöne Geschichte - entspricht so etwas der Gedankenwelt von Anthony de Mello, den zu lesen ich sehr empfehle.
hm- hast du einen bestimmten titel? mir hat die geschichte auch gut gefallen- erinnert mich an ein märchen, aus meiner heimat.. weiss aber nicht mehr wie und was- hat mir mein mutter gerne zu einschlafen erzählt.
hallo Indronil,
Anthony de Mello war auch Inder, hat aber in Amerika gelebt.
Titel z.B: "Warum der Schäfer jedes Wetter liebt" oder "der springende Punkt."
Mello hat sich geistig irgendwo zwischen Christentum und Buddhismus angesiedelt.
Hi A4,
kannte das in etwas abgewandelter Form aus den Märchen von Oscar Wilde, die ich jedem empfehlen kann, genauso wie Des deutschen Spießer Wunderhorn von Meyrink (hat auch "Der Golem" geschrieben)
Übrigens der "springende Punkt" kommt von Aristoteles, der in einem Ei einen hüpfenden Punkt als das Herz des Küken zu identifizieren glaubte und was kann mehr der springende Punkt als der Beginn des Lebens sein.......:-D!
siehe hier = klickedeklick
Gruß
NANÜ
Gustaf Meyrink
+ Oscar Wildes Märchen - gehören zu den schönsten, die ich kenne =
hier = klickedeklick
Gruß
NANÜ
Wohl wahr, aber ob im Zeitalter diese fürchterlichen megageilen super TV-Video-Produktionen noch überhaupt jemand liest und wenn, dann etwas anderes als Bestseller?
.......frage mich auch, ob nicht bald aus dem "Unterschichten"-Fernsehen, ein "Mittelschichten"-Fernsehen wird...............:-), da lobe ich mir Elke Heidenreich, ARTE-Themenabende, 3SAT, BR3 alpha, Phoenix usw................PC = schön und gut, aber ein gutes Buch ist durch Nichts zu ersetzen! In dem Sinne.........
Gruß
NANÜ
Vor allem kann man auch Fliegen schlecht mit e-book, TFT oder TV erschlagen.
Es lebe die gedruckte Literatur :-)
In dem Wunderhorn gibt es eine Geschichte, wo einer einen Giftpilz (?) ißt und dann immer "Die Klare ist mir die Wahre!" sagt - habe ich damals, als Kind nie verstanden, ich erinnere mich noch. Jaja, in den Zwanzigern haben sie gerne Verbotenes genascht!
Von Wilde finde ich "Die Nachtigall und die Rose" zum Sterben schön (Nachhall der Phase der Empfindsamkeit) und "Die bedeutsame Rakete" herrlich, unter anderen Märchen.
Voller Empfindsamkeit ist auch "Empfindsame Reise" von Laurence Sterne (der mit dem weitaus bekannteren "Tristram Shandy").
Hi DannyCoburg + A4
hier noch http://gutenberg.spiegel.de/autoren/meyrink.htm
ein interessanter Artikel über das Leben dieses Schriftstellers. Dazu sind alle 53! Geschichten des Deutschen Spießers Wunderhorn nachzulesen, besonders die über das in grenzenlose "Vaterlandsliebe" treibende SCHOEPSOGLOBIN Schoepsoglobin = klickmich!
@ Danny: Weiter unten - leider einer der unsäglichen Threads über Rache bis alle blind und zahnlos sind! - hast du auch Voltaire aufgeführt.
Gibt wenige, die diesen Philosophen und Aufklärer auch als Literaten kennen - neben Candide auch das Naturkind usw. - um so erfreulicher, daß auf diesem trüben Brett doch einige gute Literatur zu schätzen wissen.
Und was Oscar Wilde angeht, gefällt mir "Der eigensüchtige Riese" - viele haben den christlichen Gedanken immer noch nicht begriffen.....:-( aber auch die Geschichte des Teiches, der seine eigene Schönheit in den Augen von Narziß erblickte.......:D und deswegen nach dessen Tod nicht aufhören konnte/wollte zu trauern, schon große Klasse!!!
Erinnert an die Unfähigkeit der Leute mit Trauer, Wut und auch Zorn umzugehen. Einfach "teichhaft".......;-)
Sie - die Leute - spiegeln sich in den Perversitäten anderer, um sich abzugrenzen und eine heuchlerische Rache = Killer - "Moral" vehement einzufordern..........
Gruß
NANÜ
Hi Nanü,
von Voltaire habe ich eigentlich alles, bis auf "Das Zeitalter Ludwigs 14.", auch seinen Briefwechsel (insbesondere der mit Friedrich dem Großen ist sehr zu empfehlen). Ein überaus mutiger Mann, der stets Gefahr lief, daß ihm in aller Öffentlichkeit, auf Veranlassung der Kirche, die Zunge herausgerissen würde (wie anderen). Sehr zu empfehlen und überaus spannend geschrieben ist seine Biographie von Jean Orieux (es gibt mehrere, aber diese ist die beste).
Ebenso empfehle ich seinen Mitstreiter Diderot (besonders Rameaus Neffe, Jakob und sein Herr, Die Nonne) und und und - man könnte fast nicht aufhören, die Klassik bietet einen sehr reichen Fundus. Aus keinem anderen mag ich mich mehr bedienen. Natürlich keinesfalls nur das Zeitalter der Aufklärung betreffend!
Freut mich, daß auch andere ähnlich denken, dachte schon, ich bin der Einzige hier.