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Mal an die Mathematiker hier: Volkswirtschaftslehre

Tilo Nachdenklich / 7 Antworten / Baumansicht Nickles

Ich bin bei einem Forenbeitrag bei Heise einem Link zu folgendem Dokument gefolgt:
Fehler bei der mathematischen Modellierung in der Volkswirtschaftslehre

Die Senkung der Produktkosten oder der Lohnkosten kann nach diesem Artikel zu so ziemlich jedem Ergebnis führen; mithin wäre der neoliberale Ansatz (keine Eingriffe, auch nicht zugunsten des Arbeitsmarktes) vollständig unbegründet.

Langsam wird ja deutlich wie fatal es ist, dass der Kanzler und die führenden Leute im Kabinett nicht auf eigenständig und kritisch-denkend erworbene Volkswirtschaftskenntnisse (echte wissenschaftliche Arbeit - nicht Glaubensbekenntnisse oder auswendig gelernt) zurückgreifen können. Die Koryphäen der Volkswirtschaftslehre propagieren ja anscheinend Sachverhalte von denen sie wissen müssen, dass sie falsch sind und dann nehmen sie die Aussagen, die ihrem ganz persönlichen Geldbeutel nicht weh tun, auch wenn das Land dabei den Bach runtergeht.

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Hellspawn Tilo Nachdenklich „Mal an die Mathematiker hier: Volkswirtschaftslehre“
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BWL-gleichungen ? *eiskaltdenrückenentlanglauf*

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Olaf19 Tilo Nachdenklich „Mal an die Mathematiker hier: Volkswirtschaftslehre“
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> Die Senkung der Produktkosten oder Lohnkosten kann nach diesem Artikel zu so ziemlich jedem Ergebnis führen; mithin wäre der neoliberale Ansatz ... vollständig unbegründet.

Mittlerweile habe ich den Eindruck, dass *jede* Form von Wirtschaftspolitik zu "so ziemlich jedem Ergebnis" führen kann und mithin *jeglicher* Ansatz, egal ob "angegotsorientiert" (= neoliberal / arbeitgeberfreundlich / "Nachwächterstaat", der sich nicht einmischt) oder "nachfrageorientiert" (= in Boomphasen den "Rahm abschöpfen", um bei Rezession Steuern und Abgaben zu senken, um die Konjunktur anzukurbeln) als "vollständig unbegründet" erachtet werden kann :-((

CU
Olaf, zunehmend genervt vom Thema Politik in Deutschland

Die Welt ist ein Jammertal ohne Musik. Doch zum Glueck gab es Bach, Beethoven, Haendel und Goethe (Helge Schneider)
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Tilo Nachdenklich Olaf19 „ Die Senkung der Produktkosten oder Lohnkosten kann nach diesem Artikel zu so...“
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"Genervt" - ich verstehe jeden der das sagt - aber es hilft uns aber nicht diese Zauberlehrlinge los zu werden, denn im Moment beschleunigt sich der Abstieg rapide, die Kurve hat ganz aktuell deutlich mehr Gefälle bekommen. Wenn es in diesem Tempo weitergeht, trifft es bald alle massiv. Man muss es immer wieder sagen, sie lügen, lügen, lügen, die Journalisten, die Politker, die Wissenschaftler. Sie wissen, dass sie lügen und betrügen. Die Politiker wissen, was sie tun sollten...aber wer bezahlt ihnen dann den nächsten Wahlkampf, wer kauft die Journalisten, die ihr Handeln aufzuwerten haben?

Der PDF-Artikel sagt ganz schlicht, es gibt kein mathematisches Modell für Volkswirtschaften mit industrieller Produktion und der Markt funktioniert NICHT. Das volkswirtschaftliche Ergebnis ist das Ergebnis politischen Handelns und das muss allenthalben einen aus dem Ruder laufenden Markt korrigieren. Die Neolieberale Wirtschaftlehre geht von einem stabilen Gleichgewicht aus, es stellt sich ein (auch für den Arbeitsmarkt), wenn man nichts mutwillig "verzerrt". Der Beitrage des Hamburger Professors Gottlieb, legt indirekt nahe, das Gleichgewicht ist labil. Ich würde folgern, nicht allein auf Marktkräfte setzen, eingreifen!

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jueki Tilo Nachdenklich „Mal an die Mathematiker hier: Volkswirtschaftslehre“
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Nun, ich denke, man hat überhaupt nicht vor, irgendwie wissenschaftlich vorzugehen. Man richtet sich schlicht und einfach nach den Ferengi- Regeln (Schaut hier) - und diese Regel:
5.) Wenn du einen Vertrag nicht brechen kannst, interpretiere ihn.
- ist die Grundlage dafür!

- Nichts ist schwerer und nichts erfordert mehr Charakter, als sich im offenem Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und laut zu sagen "NEIN!" Kurt Tucholsky
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Tilo Nachdenklich jueki „Nun, ich denke, man hat überhaupt nicht vor, irgendwie wissenschaftlich...“
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285 Regeln zu gleich beachten, das kann nicht gut gehen.

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jueki Tilo Nachdenklich „285 Regeln zu gleich beachten, das kann nicht gut gehen. “
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- Der Tenor der Politiker und Manager. "Ich will mehr, mehr, mehr - ich will alles. Und nehme es von denen, die sich nicht wehren können!"
Nur Details können dann dort bei Bedarf nachgelesen werden.
Zum Beispiel o.g Punkt 5. Das das "Immer reicher werden" der genannten Personengruppe auf Kosten von uns nur zu unserem Gunsten ist - und die, die dagegen protestieren, nur von den dazu gemachten Buh- Männern PDS und NPD aufgehetzt wurden.
Denn die müssen ja aufgehetzt worden sein - zum eigenständigen Nachdenken ist der Plebs ja zu doof.
Laut Schröder.
Jürgen

- Nichts ist schwerer und nichts erfordert mehr Charakter, als sich im offenem Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und laut zu sagen "NEIN!" Kurt Tucholsky
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Tilo Nachdenklich Nachtrag zu: „Mal an die Mathematiker hier: Volkswirtschaftslehre“
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Die wichtigste Folgerung aus dem Artikel, den ich eingangs verlinkt habe, wäre, die Massenkaufkraft zu erhöhen, um die Arbeitslosigkeit zu senken. Insbesondere müsste sich der Staat, die Wirtschaft, der Einzelne wieder mehr leisten können (und bezahlen können, ohne Lohndumping und Schwarzarbeit, letzteres ist wichtig!) und zwar vor allem arbeitsintensive Leistungen, nicht unbedingt Produkte aus menschenleeren Fabriken.

Ich sehe keine Maßnahme der Schröder-Regierung, die das leistet. Überhaupt, sollte man mal die fragen, wo ist die Massenkaufkraft geblieben und wo die Dienstleistungen, qualifizierte Dienstleistungen?
Tatsächlich ist für die Wirksamkeit der Wirtschaftspolitik der Zeitfaktor sehr wichtig, der kommt in der klassischen Neoliberalen Volkswirtschaftslehre nicht vor. Es muss tatsächlich zuerst die Nachfrage erhöht werden, man kann nicht warten bis die Volkswirtschaft wieder konkurenzfähiger geworden ist.

Bei dem Text, den ich eingangs verlinkt habe, wird u.a die Frage der Grenzkosten erörtert (= zerflückt). Die Volkswirtschaftslehre geht von einer sogenannten konvexen Kostenfunktion aus. Gewonnen am Beispiel der Getreideproduktion im 19. Jahrhundert. Bei geringer Produktion kann man nicht so rationell arbeiten und hat auf Grund der geringen produzierten Menge auch nicht den optimalen Profit. Wird die Produktion erhöht, um von gestiegenen Marktpreisen zu profitieren, muss man auch schlechtere Böden beackern und hat daher ungünstige Kosten, man kommt in den Bereich der sogenannten Grenzkosten, wo kein Profitzuwachs aufgrund erhöhter Produktion mehr möglich ist. Die optimale Produktionsmenge wird entlang der Grenzkosten einpegeln (es gibt ja noch Konkurenz, der größt-mögliche Profit ist nicht drin, es muss Masse produziert werden) und liegt irgendwo zwischen einer geringen Menge und der max. möglichen, eben dort, wo sich große Mengen mit noch vertretbaren Kosten erzeugen lassen.

Wir wissen aber, dass dies bei der industriellen Produktion z.B. von Handy oder Computern ganz anders aussieht. Dort führt die Massenproduktion zu günstigen Preisen. Außerdem müssen Produktionsentscheidungen (sowie Rieseninvestitionen) oft Jahre im Voraus gefällt werden, wenn die Nachfrage nach dem neuen Produkt noch gar nicht da ist. Aber für die Volkswirtschaftslehre ist dies kein Grund ihre mathematischen Modelle zu ändern.

Ähnlich realitätsfern wird mit dem Rechenmodell verfahren, dass die Nachfrage nach Arbeitskraft beschreibt. Der Kanzler und seine Berater vertrauen einer Wissenschaft, die vollkommen unseriös rechnet. So sehr der Oskar Lafontaine auch herumspinnt, sie hätten sich nicht mit ihm verkrachen dürfen, denn sie finden niemand anderen, der sich im Labyrinth der hinmanipulierten Volkswirtschaftslehre auskennt und in öffentlichen Diskusionen auch eine zur Lehrmeinung (= neoliberal) konträre Meinung auch rhetorisch ausreichend sicher vertreten kann. Inzwischen holt die Realität unsere "Realpolitiker" ein.
www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,314668,00.html
www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,314675,00.html
www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,314680,00.html
www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,314090,00.html
http://portale.web.de/Finanzen/Wirtschaftspolitik/Haushalt/?msg_id=5348107

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