Nun ist es vollbracht! Meine Weihnachtsgans schmort gemütlich im Ofen bei kuscheligen 200 C° vor sich hin, lecker gefüllt, langsam knusprig
goldbraun werdend.
Aber das war nicht immer so. Noch vor wenigen Tagen wird wohl auch dieses gut gewachsene Tier aus eigener Aufzucht etwas Hoffnung geschöpft haben, die Weihnachtsfeiertage doch noch unbeschadet zu überstehen. Aus der Traum ! Es gibt nämlich Gänse und Gänse, das ist nun sicher. Die vielgerühmte Gleichheit vor dem Gesetz, alles nur
eine schöne Illusion. Wie war das noch gleich mit der "Kanzlergans"?
Wie hieß sie noch gleich? Doris? Ach, nee, das war ja seine Frau (kleiner Faux pas). Dorothea, oder so ähnlich. Welch eine beispiellose
Rettungsaktion unter der Schirmherrschaft der Blind, äh Bild-Zeitung!
Das ganze machte mich derart neugierig, das ich beschloss, meiner
zum Tode verurteilten Gans eine letzte Chance zu geben. Als erstes rief ich im örtlichen Tierheim an. Dort teilte man mir nur lapidar mit, es wären schon lustigere Scherzanrufe dort eingegangen. Auch der Versuch, die lokale Presse einzuschalten, scheiterte kläglich, ich sei ja schließlich nicht der Kanzler und meine Gans keine Kanzlergans.
Tja, die Chancen standen also wirklich nicht gut für das Federvieh.
Auch eine eilig ins Leben gerufene Nachbarschaftsinitiative mit Unterschriftensammlung und anschließender Einsendung an die Bild-Zeitung war ohne Resonanz. Das Schicksal der Todeskandidatin war der
Welt völlig egal! Lieber beschäftigte sich Deutschland mit der Frage,
ob Babs Becker nun 6 oder 5,98 Kilo abgenommen hatte, und wieviel
Bobele denn nun an sie abdrücken muß. Da rückten selbst Ereignisse wie BSE in den Hintergrund (wer ißt denn auch schon Rind zu Weihnachten?).
So musste denn auch am 23.12.2000 wieder ein Tier in unserer zivilisierten Welt sterben, genau um 15 Uhr.
Es gibt eben Gänse und Gänse.
Guten Appetit !
DeadBrain
