Probleme mit langsamem Linux?
(Ergänzung zu einem Beitrag, den ich hier leider nicht mehr finde)
Ich hatte ganz spezielle Probleme mit Mint 17, nachdem ich mit 13 sehr zufrieden war. Mint 17 war zwar ganz flott, aber Kopiervorgänge waren eine Qual. Die Geschwindigkeit sank von den (von Windows gewohnten) 80 MB/s auf bis zu 1,5 MB/s – und das, wenn man zwischen zwei SATA-Platten kopierte, die in einem Wechselrahmen steckten! USB bewegte sich auf dem selben Niveau, an der Hardware lag es bestimmt nicht. Nachdem ich 8 Wochen immer mal wieder etwas experimentiert hatte, kann ich jetzt sagen, dass es zumindest ein paar eindeutige Hinweise gibt, was denn das Problem war.
Aber zuerst mal etwas zu den üblichen Theorien...
Prozessorgeschwindigkeit: Hier wurde mir schon geantwortet, dass Linux schon lange nicht mehr so genügsam wäre wie früher. Warum auch, immerhin will der Benutzer einen gewissen Komfort, das System soll gut aussehen, und Prozessoren mit genug Leistung gibt es schon für einen Appel und ein Ei. Trotzdem, die Leistung des Prozessors war nicht das Problem – der Langsamste war am Ende genau so schnell wie der schnellste, obwohl zwischen Centrino und Xeon Welten liegen (sollten!).
RAM: Ja, 2 GB sollten es sein. Bis auf einen alten Laptop war hier auch alles bestens. Und auch hier muss ich leider sagen: Am Ende war der Kleinste der Größte... Also, RAM kann es auch nicht sein!
OS: Windows bekommt immer die passenden Treiber, bei Linux muss man hier oft etwas Generisches nehmen. Das könnte ein Ansatz sein. Aber die Macke liegt beim Kopieren, und ich hoffe nicht, dass Linux Probleme mit Standard-Komponenten wie Board, Chipsatz oder irgendwelchen Controllern hat... DAS wäre fatal!
Mint 13 hat übrigens nie solche Fehler gehabt, jedenfalls nicht bei mir. Erst der Umstieg auf 17 sorgte für Probleme.
OK, hier mein „Versuchsaufbau“, wenn man so will. Ich bin kein Bastler, kein Schrauber, ich jage auch nicht permanent hinter der neuesten Version von irgendwas hinterher – ich will nur, dass meine Computer laufen. Ich nutze den Kram nämlich beruflich, da kann man nicht jeden Tag ein neues OS installieren, weil das alte irgendwelche Mätzchen macht.
Meine Tests habe ich mit folgenden Geräten durchgeführt:
- HP Z 800, 8x 3,2 GHz Xeon, (So. 1366) 16 GB RAM
- No Name, Quad Core (So. 775) 4x 2,5 GHz, 6 GB RAM
- Fujitsu Esprimo, AMD Athlon X64, 2x 2 GHz, 8 GB RAM
- Fujitsu Notebook, Single-Core Centrino, 1,6 GHz, 1,5 GB RAM.
Alle Geräte hatten zumindest als Boot-Laufwerke SSDs. (Ja, auch der kleine Laptop!)
Konfiguration, ursprünglich:
- HP Z 800: Dual Boot, Windows 7Pro/64 Bit & Linux Mint 17.3/64 Bit (Mate, Caja)
- No Name: Dual Boot, Windows 7Ultimate/64 Bit & Linux Mint 17.3/64 Bit (Mate, Caja)
- Fujitsu Esprimo: Linux Mint 17.3/64 Bit (Mate, Caja)
- Fujitsu Notebook Lubuntu Linux 32 Bit (LXDE)
Konfiguration, am Ende der Experimente:
- HP Z 800: Dual Boot, Windows 7Pro/64 Bit & Manjaro 16/64 Bit (Gnome, Thunar)
- No Name: Dual Boot, Windows 7Ultimate/64 Bit & Linux Mint 17.3/64 Bit (Mate, Caja)
- Fujitsu Esprimo: Linux Mint 17.3/64 Bit (Mate, Caja)
- Fujitsu Notebook Linux Mint 17.3/32 Bit (Cinnamon)
Bei den Dual-Boot-Rechnern läuft mir unter Windows alles bestens, bei der Z 800 dank zertifizierter Treiber auch nicht anders zu erwarten. Der GraKa-Treiber für die Quadro 5000 ist nach Aussage von Nvidia der Aktuellste. Der Quad-Core hat eine Nvidia 9800, auch hier: Aktuellster Treiber, alles bestens. Bei den Mängeln beschränke ich mich mal auf Linux... Leider!
Mängel, Experimente, Lösungen:
1. Beide Maschinen arbeiten – gerade wenn etwas kopiert werden soll – extrem langsam, bis zum Stillstand. An der Hardware liegt es nicht: Alle Sensoren zeigen weder Überhitzung, noch Überlastung an. Im Task-Manager sieht man, wie sich die Prozessoren bei 2-5 % langweilen. Auffällig ist, dass die Temperaturen der Prozessoren und des RAM unter Linux bei vergleichbaren Operationen um ca. 10 Grad höher liegen, aber nie im Bereich der Überlastung. Prozessoren & RAM liegen bei maximal 60 Grad, die Quadro 5000 bei maximal 70 Grad, die 9800 (schlechteres Kühlkonzept!) bei bis zu 90 Grad. Auf beiden Maschinen läuft der Nvidia-Treiber (also NICHT Nuveau!) in einer 3.40.xxx- Version, also auch nicht gerade eine sichere Fehlerquelle, zumal beide Rechner leistungsmäßig (Anzahl gleichzeitig ausgeführter Programme / Geschwindigkeit) auch unter Linux nicht so schnell überlastbar sind... Beide haben auch mit jeweils 2 angeschlossenen Monitoren kein Problem unter Linux, beide werden für Grafik, Layout usw. eingesetzt, die Z 800 natürlich zum Rendern. Den Quad Core kann man da vergessen: Wozu der 5 Minuten braucht, macht die Z 800 in 10 Sekunden. Auf beiden Rechnern wird Linux immer dann verwendet, wenn man etwas online machen muss – für Windows ist das Internet verboten.
Dank Gimp und Blender wird die Z 800 natürlich auch mal unter Linux für standesgemäße Arbeiten benutzt.
2. In beiden Maschinen arbeitet ein praktisch identisches Linux – und praktisch identisch sind die Macken. Caja lässt sich beim Kopieren (SATA auf SATA!) extrem viel Zeit. Auf der Z 800 habe ich beim Umsortieren ein Verzeichnis mit ca, 30.000 PDF-Rechnungen entdeckt, die schon auf einem anderen Rechner und auf einigen Backup-Medien existiert haben. Löschen war angesagt, wofür Caja dann bei der „Sammlung der Informationen“ irgendwann eine Zeit im Bereich von TAGEN ausgegeben hat. Das kann ja wohl nicht sein! Ich habe den Vorgang dann abgebrochen und via Terminal den MC beauftragt... Der schaffte das in einer Minute. Das Sortieren meiner Multimedia-Platten-Inhalte habe ich dann auch via MC erledigt, mit Caja kam es zu den unmöglichsten Ergebnissen, aber NIE auch nur zu einem einzigen Kopierdurchlauf, der ohne Fehler oder Hänger zu Ende ging. ÜBELST fiel dabei auf, dass in einem Ordner, in dem man die Symbolansicht aktiviert war, die „Vorschau“ (wenn der Mauszeiger einige Sekunden auf der Datei ruht, wird sie abgespielt) das komplette System zum Stillstand brachte. Wie gesagt: Nichts war überlastet, Tonnenweise freies RAM, Prozessoren fast vor dem Einschlafen.
3. Natürlich könnte man jetzt sagen: Warum Caja??? Es gibt doch andere Dateimanager...
Stimmt, aber bringt nichts. Jeder GUI-Dateimanager zeigte das selbe Verhalten, vor allem die selbe „Geschwindigkeit“. Caja sollte man sowieso nicht deinstallieren, denn bei Mint übernimmt das gute Stück viele Aufgaben von der Desktop-Umgebung mit, also muss man Caja behalten – ansonsten bleibt der Desktop schwarz (oder hellgrau).
4. Nach diesen Experimenten war also klar, wo der Hammer hängt. Irgendwas macht Mint/Mate/Caja, was das System nicht überlastet, aber bremst. Der normale Task-Manager von Mint gibt hierzu wenig Auskunft, und ehrlich gesagt war mir auch nicht nach Basteln zumute, um vielleicht ein Bisschen mehr Tempo zu bekommen. Außerdem stellt sich die Frage, was denn da wirklich schief läuft denn...
5. Der Fujitsu und der Laptop sind ja auch noch da. Und der Fujitsu-Desktop läuft mit (fast) dem selben System, das die zwei deutlich leistungsfähigeren PCs ohne Ende bremst, richtig flott. Natürlich darf man auch hier keine Vorschau auf Multimedia-Dateien erwischen (deswegen habe ich alles auf Listenansicht umgestellt), ansonsten hängt Caja sich auch hier auf. Kopieren usw. läuft bei dem Fujitsu-Desktop ansonsten bestens.
6. Der Laptop, mit Lubuntu 14 bestückt, war dagegen ein Ultra-Langsam-Läufer. Mehr als eine Mail schreiben konnte man mit dem Ding nicht, ohne zu verzweifeln. Unter Windows XP und mit normaler Festplatte war er richtig schnell – Lubuntu auf SSD war SO langsam? Wie konnte das sein???
Ich habe Mint noch eine Chance gegeben, auch weil ich zufällig noch eine 32-Bit-DVD mit Mint 16 hier herumliegen hatte. Die Kiste war schnell wieder neu aufgesetzt. Und was soll ich sagen? Mint 16, mit CINNAMON (!!!) lief dermaßen schnell, dass ich es nicht glauben konnte. Auch 2, 3, 4 Programme gleichzeitig (DVB-T mit Kaffeine, Mail, Internet mit Firefox und Libre Office Writer) brachten keinen nennenswerte Verlangsamung. Der kleine Laptop mit EINEM Prozessor fühlte sich von der Geschwindigkeit fast so an wie die Workstation. Da kann man nur den Kopf schütteln... Kann es sein, dass das 64-Bit-Mint Macken hat, das 32-Bit nicht??? Nein, das kann auch nicht sein – immerhin gibt es da noch den Fujitsu-Desktop mit der AMD-Doppelschnecke als Prozessor... Und der kann es doch auch!
Gut, Mint 16 habe ich dann (wegen unauffindbaren Update-Servern) auf 17.3 umgebogen (da gibt es irgendwo eine Anleitung, wie man 16 auf 17 ohne Neu-Installation umrüsten kann – leider habe ich den Link nicht mehr). Wie auch immer, die positive Überraschung blieb. Der langsamste Computer hatte die größte Tempo-Steigerung erlebt. Und wenn der Kleine das kann... (siehe unten!)
Im Allgemeinen freue ich mich aber, wenn etwas so läuft, wie es laufen soll – Spurensuche ist nicht mein Ding.
7. Zurück zu der Z 800: Dort habe ich das Problem RADIKAL gelöst, auf dem Ding läuft jetzt Manjaro. Und das läuft wirklich. Bis jetzt habe ich keinerlei Anzeichen für Schlafmützigkeit entdecken können. Und ich lasse die Kiste ARBEITEN, das heißt, da werden schon mal 200 Bilder gleichzeitig mit Gimp geöffnet, verglichen, Farbprofile geändert, Filter angewendet... Und im Hintergrund läuft das Fernsehprogramm. Nebenbei kann man auch noch andere Aktionen durcführen, die Prozessoren sind noch lange nicht am Limit. Gut, das ging auch schon unter Mint. Aber: Kopieren ist auch kein Problem mehr, SATA auf SATA im Wechselrahmen läuft mit 80 MB/s – wie auch unter Windows. USB2 läuft mit 20-25 MB/s, also auch hier meilenweit entfernt von der „Mint-Geschwindigkeit“. Endlich komme ich mir nicht mehr vor, als würde ich auf einem C 64 Disketten kopieren... Hätte ich nur gleich Manjaro installiert!
8. Der kleine Quad Core bleibt bei Mint, das ist dort nur noch installiert, um klassische Büroarbeiten zu machen. Vielleicht kann man ja auf Mint 18 hoffen, dann wird alles besser (oder so ähnlich)...
Fazit:
Der Umstieg von Mint 13 auf 17 war ein Fehler. Gut, irgendwann musste ich mal was Aktuelleres nehmen, und Mint war bis zu diesen Erlebnissen immer eine sichere Bank.
Aber woran liegt es letztendlich? Irgendwas wurde da vergurkt, ich habe einige Fälle von zu langsamem Linux im Netz finden können. Ob es an der eingesetzten Hardware lag? Glaube ich nicht. Da, wo es langsam lief, lief es nur unter Mint (beim Laptop unter Lubuntu) langsam.
Manjaro hat einen aktuelleren Kernel, vielleicht liegt hier der Hund begraben. Dass die Probleme immer nur dann auftauchen,wenn viel kopiert werden muss, kann man als Normal-Nutzer eigentlich ignorieren. Wie gesagt, ich habe meine Audio-Video-Sammlung neu organisiert, da sind etliche Terabyte kopiert worden. Nebenbei habe ich Daten aus Buchhaltung, archivierte Mails und Info-Material gesichert und auf Rechnern, wo das Zeug nicht hingehört hat, gelöscht. (Habe eine kleine Firma, deswegen z.B. die 30.000 PDF-Rechnungen...)
Gut, vor 20 Jahren wäre es sicher noch so gewesen, dass man jemanden, der Terabytes und Dateien im 100.000er-Pack kopiert, als absoluten Ausnahmefall betrachtet hätte. Aber heute? Ich meine, WENN ich schon die Leistung habe, den Speicherplatz, die Möglichkeiten... Soll ich sie nicht nutzen?
Meiner Meinung nach liegt das Problem an anderer Stelle. Wenn man mal auf Distrowatch schaut, sieht man unendlich viele Linux-Distributionen auf Debian/Ubuntu/Mint-Basis, die sich prinzipiell nicht unterscheiden. Hier basteln sich die Entwickler wie aus dem Lego-Kasten jeweils eine „neue“ Distribution zusammen, in die natürlich an den wichtigen Stellen immer die selben Fehler eingebaut werden (weil das spezielle Lego-Teilchen eine kleine Macke hat).
Ich finde es nett, dass es Leute gibt, die für jeden speziellen Zweck das optimale Linux bereitstellen wollen – aber irgendwann geht das nach hinten los. Wenn die Entwickler wichtige Kleinigkeiten (Kernelmodule? Treiber? Firmware?) vernachlässigen, aber dafür unbedingt ein neues, cooles Dock her muss – ja, was soll man davon halten? Aber das ist nur meine Meinung. Vielleicht gibt es hier ja Leute, die irgendwie ähnliche Erfahrungen gemacht haben, oder die experimentell die ultimative Lösung für das Mint-Versagen ermittelt haben. Denn ich bin nach wie vor der Meinung, dass Linux vieles besser kann, und dass Mint eines der besten Systeme ist. Um so bedauerlicher ist es, wenn bei den Basics das System patzt und die genervten Einsteiger wieder zu Windows wechseln.