Freitagabend, müde und abgespannt von der Arbeit fuhr ich in die Wohnung meiner Freundin. Im Gegensatz zu meiner Wohnung war es bei ihr aufgeräumt und im Kühlschrank hatten die Mäuse keinen Platz zum Tanzen. Nachdem ich mir den Magen vollgeschlagen hatte, machte ich es mir auf dem Sofa bequem und schaute fern. Als es gerade so richtig gemütlich war, klingelte es an der Wohnungstür. Ich ging also zur Tür und blickte durch den Spion. Dort stand ein etwa 50 Jahre alter Mann. Kaum hatte ich die Tür geöffnet, fing der auch schon an zu reden.
Er: "Guten Abend, mein Name ist ***, ich bin vom Westdeutschen Rundfunk und Beauftragter für Rundfunkgebühren .. blabla .. blabla"
Beim Rest hatte ich nicht mehr weiter zugehört und überlegt. GEZ? Wirklich ein GEZ-Scherge? Oh je. Aber er machte ja munter weiter mit seinem auswendig gelernten Text.
Er: ".. blabla .. sind Sie Frau Roswitha H.?"
Hatte der mich wirklich gerade gefragt, ob ich Frau H. sei? (Ich sehe nun wirklich nicht wie meine Freundin aus, zudem ich einen deutlich sichtbaren 3 Tage-Bart hatte und in Jogginghose und Unterhemd vor ihm stand...) Das verschlug selbst mir, der ich schon einiges erlebt hatte, die Sprache. Stille machte sich im Hausflur breit. Plötzlich traf mich der Hammer der Erkenntnis: 'Es gibt ein Leben nach dem Gehirntod, der Beweis steht vor Dir! Pack den Typen ein und der nächste Nobelpreis ist Dir sicher!' Aber ich entschied mich dagegen, denn der gute Mann wirkte auf mich weder stubenrein noch irgendwie spektakulär. Ich antwortete ihm stattdessen lieber:
"Nein ich bin nicht Frau H. Ich bin Carola B., die uneheliche Tochter von Frau H."
Das hätte ihn eigentlich aus dem Konzept bringen müssen, aber er machte unbeeindruckt weiter.
Er: "Na gut, lassen wir das. Sie wissen sicher .. blabla .. verpflichtet .. blabla .. anzumelden .."
Also musste ich stärkere Geschütze auffahren. Ich unterbrach seinen Redefluss und sagte:
"Ich muss mich mal kurz entschuldigen, aber ich muss mal dringend auf die Toilette. Ich bin gleich wieder da."
Und verschloss die Tür hinter mir. Nach handgestoppten vier Minuten gab es die ersten Klingelversuche. Nach weiteren 10 Minuten klingelte er Sturm und ich ging wieder zur Tür. Der Mann war ja noch immer da. Ziemlich aufdringlich, der Mensch...
Er: "Was haben Sie denn solange gemacht?"
Wahrheitsgemäß antwortete ich ihm:
"Ich habe ein lauwarmes Bier getrunken. Außerdem mussten mal wieder meine Fußnägel geschnitten werden."
Er: "So eine Frechheit, sowas habe ich ja noch nie erlebt."
Da musste ich dem guten Mann leider Recht geben und versprach ihm, meine Freundin noch heute Abend darauf anzusprechen, warum sie das Bier nicht in den Kühlschrank gestellt hatte. Wirklich eine Frechheit!
Daraufhin lief dieser Mensch puterrot an und rastete aus.
Er: "Wenn Sie noch weiter so ein Kasperletheater veranstalten, kann ich auch andere Seiten aufziehen. Ein Anruf von mir und die Polizei durchsucht Ihre Wohnung .. blabla .. das wird sehr teuer für Sie .. blabla".
Ich dachte mir, logisch, die kommen dann mit BGS und SEK. Oder so. Sichtbar eingeschüchtert versprach ich nun, effektiv mitzuarbeiten und mein Kasperletheater bleiben zu lassen.
Er: "Besitzen Sie einen Fernseher oder ein Radio?"
Daraufhin gab ich dem Mann freundlichst Auskunft:
"Ja."
Er: "Ja, was?"
"Ja, bitte - nicht was. Das ist unhöflich und zeugt von schlechter Bildung."
Seine Gesichtsröte wechselte schon ins infrarote - in Gedanken wärmte ich mir schon die Hände, es war immerhin schon Winter und im Treppenhaus zog es wie Sau.
Er: "Besitzen Sie einen Fernseher oder ein Radio?"
Hmm. Bekommen die keine anderen Fragen beigebracht? Ok, nicht wirklich flexibel, keine Einwandsbehandlung oder ähnliches, nur einfache Repetitation. Ich dachte mir dann, mit Hilfschülern dürfe ich nicht so streng sein, und antwortete ihm also mit zutiefst empfundenem Mitleid:
"Ach so, Jetzt verstehe ich Sie. Ja klar, ich besitze 2 Fernseher, 3 Radios, 2 Computer, ein Radio in meinem Büro und eins in meinem Auto."
Er: "Haben Sie diese angemeldet?"
"Nein, bisher leider nicht."
Er: "Wie lange besitzen sie diese Geräte schon?"
"So etwa sieben bis acht Jahre. Die Computer sind etwa 1 1/2 Jahre alt und das Auto ist fast neu."
Hui, jetzt war er am Sabbern, als er an seine Provision dachte. Nunja, um es kurz zu machen, nach 5-6 Minuten hielt er mir zwei Zettel zur Unterschrift unter die Nase. Eine Anmeldung der GEZ und ein Schreiben, in welchem ich bestätigte, dass ich alle diese Geräte schon seit über 5 Jahren besitze. Beides auf Namen und Adresse meiner Freundin ausgestellt.
Freundlich wie ich nun einmal bin, teilte ich ihm daraufhin mit:
"Das unterschreibe ich nicht. Weder bin ich Frau H., noch wohne ich hier."
Etwas überrascht blickte er mich an. Sollte hinter seinen stumpfsinnig blickenden Augen doch so etwas wie Verstand sein - eher nein. Vermutlich war er in Gedanken noch bei seiner Provision...
Er: "Wo wohnen Sie denn?"
"Wissen Sie das etwa nicht?"
Er: "Nein."
"Feinfein, dann wünsche ich Ihnen noch einen schönen Abend."
Mit diesen Worten machte ich die Tür zu und stellte die Klingel ab. Wieder im Wohnzimmer angelangt, stellte ich den Fernseher etwas lauter und legte mich wieder aufs Sofa - das Bier war inzwischen auch schon etwas kühler. Aber ich muss dringend mit meiner Freundin über das warme Bier sprechen, das geht so nicht, da hat der Mann wirklich Recht gehabt..