Im Vorfeld meiner Klage gegen den Bayerischen Rundfunk, habe ich am 15. April 2015 Strafanzeige gegen den Geschäftsführer des ZDF erstattet: wegen "Nötigung zur Beihilfe bei Verfassungsverletzung".
Die Existenzberichtigung des ZDF basiert auf dem Rundfunkstaatsvertrag, konkret dem "ZDF Rundfunkstaatsvertrag".
Ein entscheidender Faktor für das öffentlich rechtliche Fernsehen ist, dass der Einfluss von Staat und Parteien nicht zu groß sein darf.
ZDF vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig erklärt
Bereits im März 2014 hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass der Einfluss beim ZDF mehr als 40 Prozent beträgt. Der Sender droht damit zum "Staatsfunk zu verkommen" (Die Welt) beziehungsweise ist das strenggenommen bereits längst.
Deshalb urteilten die Verfassungsrichter, dass die Regelungen zur Zusammensetzung des Fernseh- und Verwaltungsrats des ZDF gegen die Rundfunkfreiheit verstoßen.
Die Süddeutsche Zeitung übersetzte das in ihrem Beitrag zur Sache in Klardeutsch: ZDF-Staatsvertrag ist verfassungswidrig.
Es gibt also einen "ZDF-Staatsvertrag" der ganz offensichtlich verfassungswidrig ist. Im ZDF-Staatsvertrag geht es wie aus der Bezeichnung ersichtlich um das ZDF. Dessen Verantwortlicher ist laut Impressum der Intendant, Dr. Thomas Bellut.
Ich betone ausdrücklich, dass es mir hier nicht um die Person Dr. Thomas Bellut geht, sondern ausnahmslos um seine Funktion als erstgenannter Verantwortlicher des ZDF. Dieser Hinweis nur vorbeugend, um keine Abmahnung wegen vermeintlicher Verletzung irgendwelcher "Persönlichkeitsrechte" zu kassieren, was in Deutschland ein beliebtes Instrument zur Hinrichtung der Pressefreiheit ist.
Die Beitragsforderungen des "Service" kommen jeweils im Auftrag von ARD und ZDF, ein Teil der Forderung geht also an das ZDF - ein vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig eingestuftes Unternehmen.
Dürfen Bundesbürger dazu gezwungen werden verfassungswidrige Unternehmen zu finanzieren?
Als Bundesbürger gehe ich davon aus, dass Gesetz und Verfassung kein Witz sind und ich mich daran halten muss. Nicht irgendwie sondern strikt und ohne Wenn und Aber. Ebenso, wie es auch alle anderen Unternehmen und Organisationen in Deutschland müssen. Oder ist dem nicht so?
Kann es sein, dass ein als verfassungswidrig eingestuftes Unternehmen Menschen dazu zwingen darf, eben seine verfassungswidrige Tätigkeit finanziell zu unterstützen?
Man kann vielleicht argumentieren, dass das ZDF nicht komplett sondern nur "teilweise" verfassungswidrig ist. Dieses Argument darf aber nicht gelten! Entweder ein Laden hält sich konsequent an die Verfassung oder er tut es nicht.
Das ZDF tut das nicht und sein verantwortlicher Intendant ist sich darüber gewiss im Klaren, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts dürfte kaum unbemerkt an ihm vorbeigerutscht sein.
Millionen zahlende und auch nichtzahlende Bundesbürger werden vom "Service" also indirekt dazu gezwungen, unter anderem ein verfassungswidriges Unternehmen zu finanzieren.
Meine Strafanzeige gegen das ZDF
Bei Klagen gegen den Rundfunkbeitrag spielt zunehmend das Argument eine Rolle, dass die öffentlich rechtlichen TV-Unternehmen das Gebot ihrer Unabhängigkeit längst nicht mehr erfüllen, sie für "Massenmanipulation" missbrauchbar sind.
Für eine Demokratie ist das eine nicht akzeptable Gefahr. Das sollte auch allen klar sein, die keine Gebührenverweigerer sind, für ARD, ZDF und Kumpanen auch in ihrer jetzigen Form zahlen möchten. Es geht hier also um weitaus mehr als "Fernsehgucken".
Als Bundesbürger fühle ich mich Gesetz und Verfassung verpflichtet und fördere keine Unternehmen die das nicht tun. Und ich lasse mich auch nicht dazu zwingen, solche Unternehmen zu fördern. Das ZDF ist eines davon.
Aus diesem Grund habe ich die Strafanzeige gegen das ZDF, beziehungsweise stellvertretend dessen zuständigen Intendanten erstattet.
Als Anlagen packte ich zwecks Nachweis der Nötigung Kopien der Beitragsforderungsschreiben vom ARD/ZDF "Service" bei und außerdem Ausdrucke mehrerer Beiträge (hier die Links):
1. Belege der Zahlungsaufforderungen/Nötigungen. Auf allen Zahlungsaufforderungen ist klar zu erkennen, dass auch das ZDF zu den "Gläubigern" zählt.
2. Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 25.3.2014
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2014/03/fs20140325_1bvf000111.html
3. Beitrag Süddeutsche Zeitung: ZDF-Staatsvertrag ist verfassungswidrig
http://www.sueddeutsche.de/medien/zu-grosser-einfluss-von-staat-und-politik-zdf-staatsvertrag-ist-verfassungswidrig-1.1921195
4. Beitrag Süddeutsche Zeitung: Irrsinn hinter Tapetentüren
http://www.sueddeutsche.de/medien/zdf-staatsvertrag-verfassungswidrig-irrsinn-hinter-tapetentueren-1.1921555
5. Beitrag Süddeutsche Zeitung: Urteil zum ZDF-Staatsvertrag - Kampfansage ans Politbüro
http://www.sueddeutsche.de/medien/urteil-zum-zdf-staatvertrag-kampfansage-ans-politbuero-1.1921324
6. Beitrag Spiegel: Politik muss Einfluss auf das ZDF beschränken
http://www.spiegel.de/kultur/tv/verfassungsgericht-klage-gegen-zdf-staatsvertrag-a-960571-druck.html
7. Beitrag Spiegel: ZDF-Urteil des Bundesverfassungsgerichts: "Ein allzu kleiner Schritt"
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/bundesverfassungsgericht-urteil-zum-zdf-staatsvertrag-a-960737.html
Ich empfehle an dieser Stelle ausdrücklich einen Blick auf die Beiträge zu werfen und zumindest auch einen kurzen auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Denn: dieses Urteil umfasst 30 knallvoll bedruckte Seiten mit 135 Passagen. Das lässt erahnen was für ein irre absurder Konstrukt diese "Fernseh-Staatsverträge" sind und welch enormes Potential sie zum "Zurechtbiegen und "Verantwortung von sich weisen" sie bieten. Ausdrücklich lesenswert ist auch der Teil ab Abschnitt 115.
Ganz offensichtlich geschämt für das "zu milde" Urteil hat sich "Richter Paulus", der dem Urteil nicht vollständig zugestimmt hat. Ihm reicht das geforderte Schrumpfen der anteiligen staatsnahen Personen auf nur ein Drittel nicht aus. Das bietet interessanten Spielraum für künftige Klagen! Warum die Karlsruher Verfassungshüter nicht mehr Staatsferne als ein Drittel gefordert haben, erklärt der Beitrag des Spiegels (bei dem sich das Bereithalten einer Brechtüte empfiehlt).
Wie man eine Strafanzeige erstattet
An dieser Stelle noch ein Hinweis dazu, wie so eine Strafanzeige eigentlich erstattet wird. Generell kann das jeder ganz einfach bei der nächstbesten Polizeidienststelle tun. Eine Strafanzeige kostet nichts und sie braucht auch keiner besonderen Form. Praktischer für alle Beteiligten ist es natürlich wenn sie (wie auch von mir erfolgt) gleich schriftlich ausformuliert, nebst Anlagen eingereicht wird.
Ein Polizeibeamter (der nächstbeste der grad Zeit hat) nimmt die Strafanzeige dann auf beziehungsweise entgegen und liest sie durch. Er muss entscheiden, ob die Strafanzeige "Hand und Fuß", eine Aussicht auf Erfolg hat, also kein totaler Quatsch ist. Ein Beamter darf eine Strafanzeige nicht einfach ungeprüft durchreichen. Es ist also sinnlos den Osterhasen anzuzeigen, weil er Eier statt einen Kasten Bier gebracht hat.
Mein Anliegen wurde als ordnungsgemäß akzeptiert. Da meine Strafanzeige komplett ausformuliert war, brauchte es keine weiteren Formularkrimskrams. Die Strafanzeige wurde also von München/Moosach erstmal an eine Münchener Staatsanwaltschaft weitergeleitet und vor der dann an die wirklich zuständige Staatsanwaltschaft. Im Fall des ZDF ist das die Staatsanwaltschaft in Mainz, Rheinland Pfalz.
Staatsanwalt Mainz - die Ablehnung der Ermittlungen
Rund zwei Monate nach Einreichen meiner Strafanzeige kam Post von der Staatsanwaltschaft. Der zuständige Staatsanwalt erklärte in einem zweiseitigen Antwortschreiben, dass von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abgesehen wird. Die Begründung im Kurzformat: aus meinem vorgetragenen Sachverhalt sei kein strafbares Verhalten erkennbar.
Ich bezweifle arg, dass sich die Staatsanwaltschaft überhaupt ausreichend mit den eingereichten Unterlagen befasst hat. Gerade bei "Rundfunkgeschichten" ist simples Abwinken seitens der Justiz aktuell wohl die übliche Vorgehensweise. Da will sich keiner die Finger dran dreckig machen.
Weiter wurde geschrieben, dass das Bundesverfassungsgericht das ZDF nicht als verfassungswidrig angesehen habe. Vielmehr habe das Bundesverfassungsgericht lediglich Grundsätze zur Organisation des ZDF aufgestellt. Es ließen sich also keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der Rundfunkbeiträge ableiten.
Zum Abschluss des Schreibens fand sich in Fettschrift der Hinweis, dass gegen den Bescheid das Rechtmittel der Beschwerde zulässig ist. Das habe ich selbstverständlich getan.
Beschwerde gegen die Ablehnung des Ermittlungsverfahrens
Dass die Ermittlungen abgelehnt werden war vorhersehbar. Kein Staatsanwalt in Deutschland wird wohl den Mumm haben die staatlichen Sichselbstbereicherungsanstalten angreifbar zu machen.
Da muss notfalls auch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts irgendwie zurechtgewürgt werden. Es wurde einfach argumentiert, das Bundesverfassungsgericht habe lediglich Grundsätze aufgestellt.
Auf Klardeutsch: es gab also gar keine Verurteilung des ZDF wegen Verfassungswidrigkeit sondern das Bundesverfassungsgericht hat lediglich Auflagen erstellt, wie das ZDF sich künftig organisieren soll (und das natürlich um eben seine Verfassungswidrigkeit aufzuheben).
Das ist halt der Trick: juristische Texte sind meist so verfasst, dass sie beliebig interpretierbar sind.
In der Tat trägt das "Dingsbums" vom Bundesverfassungsgericht (siehe hier) die Überschrift "Leitsätze" und nur im Satz darunter steht "zum Urteil des Ersten Senats...". Es gab also durchaus ein Urteil (in dem die Verfassungswidrigkeit des ZDF eindeutig beschrieben ist), aber das "Dingsbums" wurde am Ende dann mit dem Oberbegriff "Leitsätze" rausgelassen. Das hat dem Staatsanwalt den Spielraum geschaffen sich um die Sache zu drücken. Was hätte er auch sonst tun sollen?
Auf jeden Fall habe ich (siehe Schreiben) von meinem Recht gebrauch gemacht, Beschwerde gegen den Verzicht auf Ermittlungsaufnahme einzureichen. So eine Beschwerde an den Staatsanwalt geht dann an den Oberstaatsanwalt weiter, der die Sache erneut begutachten muss. Und das ist natürlich geschehen.
Oberstaatsanwalt Koblenz - Ablehnung der Beschwerde
Meine Beschwerde gegen die Ablehnung des Staatsanwalts ging am 26.6.2015. raus. Die Antwort vom Oberstaatsanwalt in Koblenz traf am 16.7.2015. Für die zweite Beurteilung des Sachverhalts durch die höhere Instanz hat es also nur knapp 3 Wochen gebraucht.
Der Oberstaatsanwalt stellte anhand der Verfahrensakten fest, dass die Ablehnung seitens des Staatsanwalts nicht zu beanstanden sei. Er betonte ebenfalls, dass sich die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts lediglich mit der Zusammensetzung der Verwaltungsorgane des ZDF befasse.
Weiter erklärte er, dass die Rechtmäßigkeit der Rundfunkgebühren von dieser Entscheidung nicht betroffen sei. Meine Beschwerde wurde also von der letzten "kostenlosen" Instanz zurückgewiesen.
Das Schreiben schließt mit der Belehrung, dass ich natürlich weiterbohren kann. Der nächste Schritt wäre es, die Entscheidung des Oberstaatsanwalts gerichtlich überprüfen zu lassen. Dazu besteht eine Frist von einem Monat. Ein entsprechender Antrag muss allerdings von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein, was für mich also Kosten bedeutet. Diese Frist habe ich ablaufen lassen.
Das vorläufige Ende vom Lied
Ich verzichte darauf, in der Sache weiterzumachen obwohl ich weiter kompromisslos daran festhalte, dass das ZDF verfassungswidrig ist und dies vom Bundesverfassungsgericht auch exakt so festgestellt wurde.
Die Verfassungswidrigkeit des ZDF ist unter anderem auch Bestandteil meiner laufenden Klage gegen den öffentlich rechtlichen Rundfunk. Die Frage der Verfassungswidrigkeit des ZDF wird also ohnehin demnächst gerichtlich geklärt werden müssen.
Die Strafanzeige gegen das ZDF beziehungsweise stellvertretend dessen verantwortlichen Intendanten beweist auf jeden Fall, dass der Sichselbstbereichungsladen praktisch Narrenfreiheit geniest. Da ist sogar eine Verurteilung (ich weigere mich es "Leitfaden" zu nennen) unseres praktisch höchsten Gerichts - des Bundesverfassungsgerichts - total für den Arsch.
Übrigens: Das Bundesverfassungsgericht hat mit einer sehr großzügigen einjährigen Frist erlassen, dass das ZDF bis spätestens 30. Juni 2015 nachbessern muss, der Anteil "staatnaher Personen" von ermittelten 40 Prozent auf ein Drittel schrumpfen muss (was bezüglich "Staatsferne" natürlich noch immer eine Lachnummer ist. Und was ist am 30. Juni 2015 dieses Jahres passiert? Soweit mir bekannt ganz einfach nichts.
Laut Bericht des Spiegel haben die Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer (für das ZDF verantwortlich) im Juni 2015 lediglich einen neuen ZDF-Staatsvertrag gebastelt, der die Auflage des Bundesverfassungsgerichts erfüllen soll. Der Vertrag muss noch von den Länderparlamenten abgesegnet werden, bis er dann vielleicht am 1. Januar 2016 in Kraft tritt. Bis das ZDF endgültig zumindest einen Hauch von seiner "Staatsnähe" bereinigt ist, kann es also noch eine ganze Weile dauern.
Was bisher geschah…
2013, 21. Juni: ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice verweigern
2014, 8. Februar: Automatische Zwangsanmeldung: ARD und ZDF machen Druck
2014, 12. Februar: ARD ZDF Beitragsservice - die Suche nach einem Anwalt
2014, 13. April: ARD/ZDF - das öffentlich rechtliche Werbefernsehen durchleuchtet
2014, 16. April: ARD/ZDF - erneute Zahlungserinnerung mit gefälschtem Datum
2014. 4. Juni: ARD/ZDF Unboxing - Neue Nötigung mit Beitragsbescheid
2014, 28. Juni: REPORT: ARD/ZDF Gebührenbescheid - Widerspruch ist unvermeidlich
2014, 3. Juli: GEZ-Boykott: deutschlandweit Runde Tische gegen die Zwangsgebühr
2014, 8. Juli: ARD/ZDF - die Antwort des Service auf den Widerspruch
2014, 14. Juli: ARD/ZDF - zweiter Beitragsbescheid mit Widerspruchsfrist
2014, 1. August: ARD/ZDF-Service setzt die Bettelbrief-Masche fort
2014, 1. September: ARD/ZDF - Einschüchterungsversuch mit Vollstreckungsandrohung
2014, 14. Oktober: Festsetzungsbescheid - ARD/ZDF verstärken Einschüchterungsmasche
2014, 13. November: Extra-Nötigung: ARD/ZDF-Beitragsservice bittet doppelt zur Kasse
2014, 28. November: ARD/ZDF - Richtig reagieren auf Beitrags- und Festsetzungsbescheid
2014, 9. Dezember: ARD/ZDF - schon wieder Bettelbrief statt korrekte Ablehnung
2014, 14. Dezember: ARD / ZDF - dritte Zahlungserinnerung an die Nickles.de GmbH
2014, 18. Dezember: ARD / ZDF: Endlich Widerspruchsbescheid, Ticket zur Klage-Show
2014, 24. Dezember: ARD / ZDF: Der Zwangs-Rundfunkbeitrag ist am Ende
2015, 5. Februar: ARD / ZDF-Gutachten: Endlich Post vom Bundesfinanzministerium
2015, 5. Februar: REPORT: ARD / ZDF: Die Nickles-Klage gegen den Zwangsrundfunkbeitrag Teil 1
2015, 10. Februar: ARD / ZDF - Bescheide mit rechtlich fragwürdigen Unterschriften
2015, 5. März: ARD / ZDF - Der erste Vollstreckungsversuch bei Nickles
2015, 2. April: ARD/ZDF vs Nickles - Vollstreckung und Klage, Zwischenbericht