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Amazon kennt unsere Wünsche!

groggyman / 5 Antworten / Baumansicht Nickles

Der Großversender Amazon hat jetzt ein Patent angemeldet. Dabei geht es um unsere Wünsche, Amazon liefert schon vor der Bestellung und das soll durch die gesammelten Kundendaten möglich sein. Eine sehr schöne Sache für die Zukunft, oder?

Das bedeutet dann also, ich brate mir ein Steak und schon klingelt es an der Tür, ein Paket von Amazon mit 10 Rollen WC Papier, das nenne ich Service :-)

Na mal sehen ob die Version tatsächlich Schule macht und ob der theoretisch planbare Lieferservice sich in der Praxis bewährt. Es wird immer verrückter.

Patent: Amazon will vor der Bestellung schon liefern - WinFuture.de 

-groggyman-

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Andreas42 groggyman „Amazon kennt unsere Wünsche!“
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Hi!

Das sieht auf den ersten Blick merkwürdig aus, aber aus transportlogistischer Sicht, ist das IMHO der "nächste Schritt".

Die Lieferkette läuft für gewöhnlich über mehrere Stationen, an denen ein vom Kunden bestelltes Paket umgepackt/umverladen wird, bis es dann an der eigentlichen Bestelladresse angeliefert wird.
Der Hintergedanke bei diesem Patent ist nun, dass ich mit Prognosealgorithmen versuche die Ware bereits so an die Endauslieferungsknoten zu verteilen, dass ich dann direkt von dort aus an den Besteller ausliefern kann.

Das kann natürlich nicht mit jedem Artikel gemacht werden, aber für Artikel, die in großen Stückzahlen innerhalb kurzer Zeit verkauft werden, kann das funktionieren. Im WallStreetJournal-Artikel werden Bücher als Beispiel genannt, die neu veröffentlicht werden. Ich denke, bei Konsolenspielen wird man das auch anwenden können.

Neu ist das übrigens nicht wirklich: in der normalen Produktionsplanung in Unternehmen gibt es schon seit etwa 30 Jahren Prognosealgorithmen, die zur Vorhersage von Lieferbedarfen in der Produktion eingesetzt werden (MPS-Planung -> http://en.wikipedia.org/wiki/Master_production_schedule).
Das ganze ist in den 80ern auf Basis der klassischen MRP-Planung weiterentwickelt worden ("MRP II", Oliver Wight; Link).

In meinen Augen ist der Grundgedanke vergleichbar, nur geht es bisher darum, die zur Produktion benötigten Materialien auf Grund von Prognosen (quasi auf Verdacht) vorher zu bestellen (Prognosealgorithmen vor der Produktion).
Bei Amazons Patent ist jetzt neu, dass die eine solche Prognoseplanung auf die Lieferkette (Prognosealgorithmen nach der Produktion) anwenden wollen (Auslieferung an Versandknoten auf Grund von Verteilungsprognosen). Ein durchaus interessanter Gedanke...

Bis dann
Andreas

Hier steht was ueber mein altes Hard- und Softwaregedoens.
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groggyman Andreas42 „Hi! Das sieht auf den ersten Blick merkwürdig aus, aber aus ...“
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Im Großen und Ganzen ist mir das System schon klar, habe nur leicht provoziert. Ähnlich reagieren Kaufleute in kleinen Geschäften schon seit Jahren, wenn Frost angekündigt wird, legt man sich 2 Tonnen Streusalz mehr ins Lager und wenn Hochwasser angekündigt wird, ein paar Tauchpumpen, die Artikel gehen dann meist auch schnell weg :-)

Was mich etwas amüsiert hat, dass es schon wieder auf so einen simplen kaufmännischen Vorgang wieder ein Patent gibt, die haben doch mit ihrem Patentwahn einen an der Waffel, sag ich mal :-)

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Acader groggyman „Amazon kennt unsere Wünsche!“
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  Paket-Versand auf Verdacht

Wie Amazon in dem Patent beschreibt, sollen bei einer erwarteten Bestellung die entsprechenden Pakete dabei vorerst nur mit Postleitzahl oder Teilen von Adressen in der Nähe der vorausgesagten Empfänger landen.

Genau! Und da liegen sie dann bis sie verfaulen.

Besser gefragt: Was geschieht mit der Ware dann die wohl zu 99,9 % nie bestellt wird.

Richtig! Man schafft dadurch Billig-Arbeitsplätze!

Schließlich müssen ja die vielen Einwanderer hier in Deutschland mit sogenannter Arbeit versorgt werden.

MfG Acader

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Andreas42 Acader „Paket-Versand auf Verdacht Genau! Und da liegen sie dann ...“
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Hi!

Ich weiß, das man das schwer glauben kann, aber mit der Verrechnung von Prognosen vor der Produktion klappt das auch seit etwa 20 Jahren problemlos, soll bedeuten, die Algorithmen dahinter funktionieren.

ABER: das ganze ist schwer und nur mit viel Sachverstand aufzubauen und zu verwalten.

Die MPS-Planung wird in der Automobilindustrie eingesetzt (dafür wurde sie entwickelt) und kann heute mit jeder besseren ERP-Lösung (SAP, Infor, Oracle&Co) genutzt werden.

Was geschieht mit der Ware dann die wohl zu 99,9 % nie bestellt wird.

Salopp gesagt, kann das auch bei einer Prognose vor der Produktion passieren. Wenn das passiert, dann hat jemand nicht verstanden, wie man eine MPS-Planung vernünftig einrichtet und mit Daten füttert.

Man kann und darf solche Prognosen nicht für jeden Artikel laufen lassen, aber es ist z.B. bei Saisonartikeln, wie Schokohasen kein Problem, da auf Zahlen aus den Vorjahren zurückzugreifen, um am Tag X genug von dem Zeugs liefern zu lassen.

Der Sprung Prognosen dann bei einer Lieferung zu nutzen ist kein so großer. Wenn die nächste "Harry-Potter"-Buchreihe über die Welt her bricht, kann man aus den Lieferdaten der letzten Harry-Potter Lieferungen übertragen, welche Stückzahlen in welche Postleihzahlenbereiche geliefert wurden. Darüber kann man dann Prognosen erstellen, welche Stückzahlen, von welchem DHL-Lieferkoten an die Endkunden ausgeliefert werden.

Jetzt wird also der nächste mit Harry Potter vergleichbare Schmöker angekündigt. Ich erstelle jetzt eine Prognose, wohin die Teile geliefert werden und fange an einen Teil schon "blind" an die Endknoten zu liefern. Parallel laufen die echten Bestellungen ein. Die verrechne ich mit den Prognosen und versehe die ersten bereits "blind" angelieferten Sendungen in den Knoten mit der Adresse aus realen Bestellungen.
In der Zeit bis zur Auslieferung kann ich kontrollieren, ob die Prognosemengen mit den realen Mengen zusammenlaufen, falls nicht, muss ich eingreifen und die "blind" gelieferte Menge reduzieren oder sogar zum nächsten Knoten umlagern.

Wie gesagt: das hört sich wild und nicht machbar an, ist aber im Bereich vor der Produktion heute ein ganz normale alltägliche Planungssache, die in vielen Unternehmen erfolgreich seit Jahren genutzt wird.

Richtig! Man schafft dadurch Billig-Arbeitsplätze!

Nein, streng genommen schafft man da nur eine Art von Konsignationslager (Konsilager) bei den Logistikunternehmen. Die stellen ein paar Regale in eine Halle, packen, die "blind" gelieferten Pakete da rein und sobald sie eine echte Lieferung bekommen, drucken sie die Versandetiketten, schnappen sich ein blindes Paket, pappen das Etikett drauf und liefern aus. Ich denke, da passiert nichts, was bisher nicht auch schon im normalen Ablauf passiert.
Ich schätze im heutigen normalen Ablauf kommen LKWs zum letzten Lieferknoten, die enthalten Pakete werden irgendwo abgestellt oder in Regale gepackt, wo sie dann die Lieferfahrer für ihre Tour herausnehmen. Auf meinem letzten DHL-Paket waren drei Etiketten. Vermutlich auch eines, dass für die Tour gedruckt wurde, damit der Fahrer seine Pakete schneller finden kann.
Im Unterschied zur neuen "Methode" müssen dann zwei Etiketten auf das "Blinde" Paket: das Tourenetikett und das Adressetikett.

Man wird vermutlich keine neuen Arbeitsplätze schaffen müssen, weil der Arbeitsaufwand etwa gleich bleibt.

Wobei wir es hier in dem Fall natürlich nicht mit einem Konsilager zu tun haben, sondern IMHO einfach nur mit Versandlagern, die zu den Logistikunternehmen ausgelagert werden. Das ist in der Lieferlogistik ebenfalls seit Jahren ein alter Hut und die Bestückung von solchen Lägern erfolgt natürlich auch mit Hilfe von Absatzprognosen (ohne solche auf Prognosen basierenden Planungen macht der Einsatz eines Versandlagers keinen Sinn; es soll ja die Lieferdauer durch die Verkürzung der Entfernung zum Endkunden beschleunigen, der Lieferant muss also bereits vor der Bestellung "erraten" was benötigt wird).

Kurz gesagt: je mehr ich diese Geschichte um das Patent von Amazon betrachte, desto mehr scheint mir die Sache Alter Wein in neuen Schläuchen zu sein. Ich möchte jetzt glatt behaupten, dass die Sache, so wie sie bisher beschreiben wurde, nicht neu ist und damit IMHO auch nicht patentwürdig.

Bis dann
Andreas

Hier steht was ueber mein altes Hard- und Softwaregedoens.
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Acader Andreas42 „Hi! Ich weiß, das man das schwer glauben kann, aber mit der ...“
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Wenn das passiert, dann hat jemand nicht verstanden, wie man eine MPS-Planung vernünftig einrichtet und mit Daten füttert.

Ohne das jetzt hier unnötig auszuweiten ist das dennoch ein gewagtes Spiel. Gerade Amazon hat eine Produktpalette von zig tausenden Artikeln. Das dürfte daher nur mit gängigen vorrausschaubaren Produkten funktionieren. Das kann man nicht mit der Autoindustrie vergleichen. Für ein Auto habe ich ca 20000 Teile und da weiß man was immer wieder gebraucht wird. Das ist also berechenbar.

Das Kundenabrufen bei Amazon dagegen wohl viel weniger wenn man das Gesamtvolumen da betrachtet. Sicherlich gibt es eine ganze Anzahl von Produkten wo das funktioniert, doch nicht aber in der Masse. Und neu ist sowas schon gar nicht. Mit den Patenten das ist auch so eine Sache.

Ist aber ein anderes Thema.

MfG Acader

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