Ich glaube, dass wir hier irgendwie - millimeter-weise - aneinander vorbei diskutieren.
Deswegen nochmal strukturiert:
- Meine Behauptung:
Es ist nicht möglich, automatisch und in Echtzeit alle Links, auf die jede beliebige (im Zweifelsfall meine) Website verlinkt, permanent auf externe Links, die "rechtswidrige Inhalte" enthalten, zu überprüfen - genausowenig, wie es möglich ist, bei Facebook alle Postings in Echtzeit auf eventuell rechtswidrige Inhalte zu überprüfen.
In der folgenden Diskussion haben wir uns nur auf Facebook konzentriert. Da auf Facebook relativ einfach "rechtswidrige Inhalte" verbreitet werden können, und da Facebook von fast allen gewerblich tätigen Personen genutzt wird, alleine schon wegen der Off-Site-Optimierung, ist Facebook ein ideales Objekt zur Untersuchung der Problematik.
- Erläuterung meiner Position:
Um das, was ein Mensch sagt / schreibt / veröffentlicht, ist es zum exakten Verständnis seiner Position unerlässlich, über Eigenschaften zu verfügen, die ein Computer nicht hat. Dazu gehören: Sinn für Humor und Ironie, genau so wie Phantasie, Empathie und die Fähigkeit, die genannten "Sinne" mit der reinen inhaltlichen Textanalyse zu verknüpfen. Erst dann könnte man erfassen, was eine wiedergegebene Meinung wirklich bedeutet.
Da das noch nicht mal möglich ist, wenn zwei Menschen sich persönlich gegenüberstehen, ist es bei der indirekten Kommunikation von zwei Menschen erst recht nicht möglich.
Und da einem Computer die genannten "Sinne" vollkommen fehlen und auch nicht durch Algorithmen ersetzt werden können (jedenfalls in absehbarer Zeit nicht), ist ein Computer als "Richter" über Menschliche Äußerungen das am wenigsten geeignete Instrument.
Der Computer mag Vorteile haben, wenn es um rein mathematische / statistische Analysen geht. Den Sinn einer komplexen Bemerkung wird er nicht verstehen können. Dazu kommt das Problem der reinen Menge an Postings, die alleine auf Facebook veröffentlicht werden. Komplizierte Algorithmen, die im Labor funktionieren, unter Idealbedingungen und sehr begrenzter Problemstellung, lassen sich nicht 1:1 auf den Massenmarkt portieren. Das zu glauben, wäre kritiklose Technik-Begeisterung.
Ein Beispiel:
"Gib mir vier (beliebige) Zeilen, die ein Mann geschrieben (hat), und ich kann ihn als Verbrecher vor Gericht stellen" (Zitat von Richelieu)
Nehmen wir an, Richelieu wäre kein französicher Minister und Kardinal aus der Zeit des 30-jährigen Krieges, sondern ein moderner, KI-basierter Algorithmus. Was würde das für uns bedeuten? Man bedenke, dass wir in der heutigen Zeit bereits vielfältigen Algorithmen ausgesetzt sind, die jetzt schon tief in unser gesellschaftliches Leben eingreifen. Brauchen wir wirklich einen Automatismus, der uns auch noch in weltanschauliche Schubladen steckt, die noch dazu überhaupt nicht zutreffend sein müssen?
Oder, was wäre wenn Richelieu heute leben würde und er sein Zitat bei Facebook posten würde? Was wäre, wenn er sein Zitat als Antwort auf ein Vier-Zeilen-Posting eines Politikers zu einem brisanten Thema (Flüchtlingspolitik) gepostet hätte? Wäre es Hass? Könnte ein Computer das beurteilen? Könnte ein Mensch das beurteilen?
Auch die Gegenseite rüstet auf. Social Bots, Verschleierung der Identität, gekaufte Meinungen - auch das gibt es schon. Aus der Sicht einer lernfähigen KI (die ohne eigene weltanschauliche Präferenzen auf ein System komplexer Meinungen losgelassen wird) ist das, was allgemein akzeptiert wird, oder die Meinung, die am meisten vertreten wird, normal. Normal ist also das, was der Masse am besten gefällt? Normal ist das, was die meisten "Likes" bekommt?
An solchen grundsätzlichen Fragen wird auch ein Mensch scheitern. Und die KI, als Abbild des menschlichen Verstandes, die diesen auch nur begrenzt nachvollziehen kann, wird nichts besser machen können als das jetzt schon überforterte Original.
Fazit:
Egal, welche Fortschritte die Technik macht - es fehlen immer noch grundsätzliche Dinge, ohne die eine qualitative Beurteilung einer menschlichen Meinung durch eine Maschine unmöglich ist. Ebenso fehlen der Maschine die Möglichkeiten, den Menschen durch Adaption seiner Eigenschaften zu beurteilen. Vereinfacht ausgedrückt: Wenn mein Computer mir eines Tages, ohne dass ich (oder sonst jemand) ihn eingeschaltet habe, ohne dass ich (oder sonst jemand) ein Programm gestartet habe oder sonst eine Manipulation an ihm vorgenommen habe, aus eigener Intention heraus einen Witz erzählt, über den ich lachen kann - dann werde ich ihn als intelligentes Wesen betrachten. Und sollte er in der selben Ausgangs-Situation noch dazu in der Lage sein, eine Lösung für ein komplexes System anzubieten, über das ich überhaupt noch nie nachgedacht habe, oder dessen Fragestellung ich noch nicht einmal präzise formuliert habe - erst dann ist er intelligenter als ich. So lange das aber nicht passiert, ist er eine Maschine, "die noch nicht mal bis 3 zählen kann".
Es mag sein, dass die Technik in unserer Welt unverzichtbar geworden ist. Wir sollten aber nicht dem Irrtum verfallen, dass sich damit Probleme lösen lassen. Bestenfalls ist eine Hilfestellung bei der Lösung von Problemen möglich. Am Ende entscheidet ein Mensch, das wird hoffentlich immer so sein, und dieser Mensch ist - wie alle Menschen - subjektiv in allen seinen Gedanken und Handlungen. Damit müssen wir uns wohl abfinden. Im Guten, wie im Bösen.