Wie zu erwarten war, hat sich Sony mit der Entscheidung Linux auf der Playstation 3 durch das neue Firmware-Update 3.21 unbrauchbar zu machen, nicht einmal sondern mindestens gleich doppelt ins eigene Knie geballert.
Und diesmal ist nicht eine Sammelklage in den USA, sondern ein europäischer verärgerter Playstation 3 Besitzer hat den Stein ins Rollen gebracht. Laut Bericht auf marisonreadings.blogspot.com, handelt es sich dabei um einen "Spieler", der mit Nickname "Iapetus" im britischen Spieleforum NeoGAF tätig ist. Er hat seine Playstation-Konsole einst bei Amazon gekauft und sich dort beschwert, dass ihm mit dem Firmware-Update 3.21 die Möglichkeit genommen wurde, Linux auf der Playstation 3 zu betreiben.
Obwohl Amazons Garantiezeit in diesem Fall wohl längst angelaufen war, willigte Amazon ein, ihm 20 Prozent des damaligen Verkaufspreises (425 britische Pfund) als Entschädigung zurückzuerstatten. Das waren in seinem Fall 84 britische Pfund (rund 96 Euro).
Amazons Email-Bestätigung für die Entschädigung, hat Iapetus im Forum veröffentlicht. Amazon gibt in der Mail als Grund für die Zahlung "Schlichtung" an. Das mag bis zu diesem Punkt recht unglaubwürdig scheinen, ist es aber nicht.
Bereits am 3. April teilte Iapetus im Forum mit, dass er das Manual seiner alten Playstation 3 noch mal gründlich studiert hat. Und in "dieser Version" des Manuals war klar zu lesen, dass die Betriebsmöglichkeit anderer Betriebssysteme ein offizielles Leistungsmerkmal der Playstation 3 ist. Und bekanntlich hat Sony das ja bei Markeinführung der ehemals sehr teuren Konsole auch deutlich hervorgehoben.
Es wurde zwar kein Support für derlei Vorhaben versprochen, aber auf die Möglichkeit hingewiesen. Iapetus verweist in diesem Zusammenhang auf eine Webseite von Sony, in der dieses Leistungsmerkmal ausdrücklich beschrieben wird: http://www.playstation.com/ps3-openplatform/en/index.html. Diese Seite scheint Sony inzwischen "ausradiert" zu haben, sie wird nicht mehr gefunden.
Allerdings findet sie sich noch hier auf Sony's Server: http://www.playstation.com/ps3-openplatform/index.html. Die Seite beschreibt die PS3 als "Open Platform" und listet auch konkret auf, welche Linux-Distributionen die PS3 unterstützt (Yellow Dog Linux, OpenSuse, Fedora und Ubuntu).
Zu Beginn der Seite hat Sony inzwischen in roter Farbe diesen Text "nachgeschoben": "the Open Platform feature will not be available if the system software is updated to version 3.21 or late.", also den Hinweis, dass diese Funktion nach Update auf Firmware 3.21 (und spätere) erlischt.
Ob sich Sony nun belangen lässt, wurde im Forum heftig diskutiert. Als "Genickbrecher" für Sony nutze Iapetus schließlich die EU-Direktive 1999/44/EC, ein europaweites "Verbraucherschutzgesetz", das 2002 in Kraft getreten ist. Das besagt unter anderem simpel ausgedrückt, dass ein Produkt die Leistungseigenschaften auch liefern muss, die zum Verkaufszeitpunkt versprochen wurden.
Verantwortlich für die Einhaltung dieser Sache ist anscheinend nicht der Hersteller, sondern der Verkäufer des Produkts. Wichtig in diesem Zusammenhang: ob der Käufer ein versprochenes Feature auch wirklich nutzt, spielt dabei keine Rolle. Generell haben damit jetzt also alle Käufer einer "alten Playstation 3", die zum Kaufzeitpunkt mit "Linux-tauglich" beworben wurden, die Chance sich Kohle zurückzuholen.
Die Händler werden diese Kosten gewiss nicht selbst tragen wollen und sich Sony packen. Für Sony kann es also teuer werden.
Michael Nickles meint: Ich kann hier nicht meine Hand dafür ins Feuer legen, dass dieser "Iapetus" beziehungsweise die Entschädigung seitens Amazon kein Fake ist.
Auch bin ich kein Jurist, kann die EU-Direktive 1999/44/EC nicht bis ins Detail daraufhin analysieren, ob sie in diesem Fall greift, beziehungsweise wie weit sie sich in welchem Fall rückwirkend heranziehen lässt.