Ein neues Gerät der TU Wien ermöglicht realistische virtuelle Fallschirmsprünge mit echtem Herzklopfen - ohne dem gewissen Risiko, das ein echter Sprung birgt.
Professor Horst Eidenberger, Initiator des Projekts, ist ehrlich:
"Auf die Idee kam ich, weil ich schon lange mal einen Fallschirmsprung machen wollte, für einen echten aber dann doch zu wenig mutig war. Nachdem wir uns in unserer Forschung viel mit Virtual Reality beschäftigen, dachten wir darüber nach, wie man das mit Computerunterstützung simulieren könnte."
Der virtuelle Sprung beginnt fünfzehntausend Meter über Wien an der Luke einer Hercules Transportmaschine. Durch dünne Wolkenschwaden sind die inneren Stadtbezirke erkennbar. Nach Abstoß per kräftigem Sprung heißt es Arme ausbreiten und den Freien Fall genießen, der Wind bläst ins Gesicht und der Boden nähert sich rasend schnell.
Eine 3D-Headset ist dabei nur die eher kleinere Komponente der "Sprungmaschine". Um das Gefühl des Schwebens zu simulieren, konstruierte das Team mit Unterstützung der Firmen Waagner Biro und Eckermann Design einen Kubus mit einem ausgeklügelten Seilsystem, von dem man nach dem Absprung aufgefangen und schwebend festgehalten wird. Eine große Herausforderung war es, die Aufhängung so zu konstruieren, dass sie unabhängig vom Körpergewicht funktioniert und ganz unterschiedlich gebaute Testpersonen in der richtigen Schwebehöhe hält.
Um den Sprung so realistisch wie möglich zu machen, steuert das Rechenwerk Ventilatoren an, die den Gegenwind simulieren. Sogar die Nässe beim Fall durch Wolken wird fühlbar, indem Wasser in den Wind gesprüht wird.
Und Professor Horst Eidenberger hat schon Ausbauideen:
"Der Jumpcube ist bereits sehr vielseitig, und wir wollen noch weitere Möglichkeiten hinzufügen – zum Beispiel könnte man auch noch Geruchseffekte einbauen."
Ausgestattet mit Kopfhörer und 3D-Headset stürzt der Springer drei Minuten lang rasend schnell auf die Stadt Wien zu. Hunderte Gigabyte an Daten mussten für die hochauflösende Darstellung aufbereitet werden, da sich der Springer während dem Fall natürlich beliebig umsehen kann. Zur Nachbildung der kompletten Stadt im Rechner, hat die Stadtvermessung Wien mit ausgezeichnetem Datenmaterial unterstützt.
Die realistische Simulation eines Sprungs war den Tüftlern allerdings noch nicht genug. Sie haben auch gleich noch eine Zeitreise eingebaut. Da die TU Wien in diesem Jahr ihren 200. Geburtstag feiert, wurde der Fallschirmsprung als Reise durch die Geschichte des Hauses gestaltet.
Per Sturz durch ein Zeittor geht es ins Jahr 1815 zum Zeitflug vorbei an Portraits wichtiger Alumni und Professoren. Per Kopfhörer gibt es Wissenswertes über große Meilensteine der TU-Geschichte. Der Sprung endet nach öffnen des virtuellen Fallschirms dann mit einem sanften Schweben über den Stephansdom zum Karlsplatz und einer Landung im Kuppelsaal der TU Wien.
Zur Weiterentwicklung des Projekts sucht die TU Wien jetzt weitere Partner. Die Reise durch die Geschichte der TU Wien ist nur ein mögliches Anwendungsbeispiel, Ideen gibt es viele. Aus dem Fallen soll ein Fliegen werden, das man selbst steuern kann. Das Team denkt bereits über virtuelle Flüge durch den Weltraum nach. Firmen könnten sich in der virtuellen Flugmaschine auf originelle Weise präsentieren, oder man könnte sie einfach als Unterhaltungsgerät verwenden.
"Wir haben viel Zeit und Energie in die Entwicklung des Prototyps investiert – nun sind wir bereit, mit neuen Sponsoren und Projektpartnern einen Schritt weiter zu gehen", erklärt Horst Eidenberger.
Solche Projekte machen klar, dass die "3D-Brillen" beziehungsweise Virtual Reality Headsets nur Mosaiksteinchen bei dem "Wahnsinn" sind, der auf uns zu kommt. Denn: es entstehen Möglichkeiten Dinge realistisch zu erleben, die in der Realität gar nicht möglich sind. Vermutlich fangen jetzt die ersten Tüftler bereits damit an, einen "Homebrew"-"Cube" zu bauen, der unterschiedlichste Effekte simulieren kann.
Der Aufbruch in eine neue "Realitäts-Dimension" wird allerdings Opfer fordern. Ich sehe schon Schlagzeilen, wo Leute bei der Simulation zu Tode erschrocken sind, einen Herzinfarkt erlitten oder sich im selbstgebauten "Cube" mit vielen Seilen versehentlich selbst stranguliert haben.