Seit geraumer Zeit steht die Open Source Gemeinde unter Druck von Microsoft. Laut Microsoft verletzt unter anderem Linux zahlreiche Microsoft Patente. Die Linux-Gemeinde hat Microsoft daher längst aufgefordert mitzuteilen, um welchen Patentkatalog es sich handelt, damit Linux entsprechend "befreit" werden kann.
Microsoft weigert sich aber zäh, die gewünschte Auskunft zu erteilen, lässt die Linuxer in Ungewissheit schmoren. Ähnlich ergeht es auch Android. Seit einigen Jahren müssen die Hersteller von Android-Smartphones an Microsoft "Patent-Schutzgelder" zahlen, um keine rechtlichen Auseinandersetzungen zu kassieren.
Es wird vermutet, dass pro Android-Gerät zwischen 7,50 und 12,50 Dollar Lizenzgebühr an Microsoft fällig sind. Inzwischen soll das Microsoft jährlich 2 Milliarden Dollar Einnahmen bescheren.
Dank der Chinesischen Behörde von Handel und Wirtschaft ist jetzt durchgesickert, von welchen Microsoft-Patenten Android betroffen ist. Das betrifft teils auch Linux, da Android auf Linux basiert.
Die veröffentlichte Patentliste gelangte wohl nach China, weil das dortige Kartellamt die Übernahme Nokias durch Microsoft überprüfen musste.
Die enthüllte "Microsoft Liste" (hier im DOCX-Format abrufbar) umfasst 310 Patente. Ein Teil davon sind generelle Smartphone-/Mobilfunkt-Patente, außerdem zahlreiche Android direkt betreffende. Die englischsprachige Liste umfasst jeweils die Patentnummer und eine knappe Beschreibung der Patente.
Die Schutzgeldnummer hat ein gewaltiges Ausmaß. Ich erinnere an meinen Kommentar zur kürzlichen News Kostenloses Windows 8.1 mit Bing jetzt offiziell angekündigt. Da Microsoft Windows für Billiggeräte inzwischen verschenkt, haben die Hersteller nun die Wahl entweder ein kostenloses Windows zu nehmen, oder ein wegen Lizenzgebühren um die Ecke kostenpflichtiges Android. Microsoft hat sich durch seinen Patentpool also die Möglichkeit geschaffen, das Android-Monopol durch die Hintertür zu knacken. Fairer Wettbewerb sieht anders aus.
Die jetzt veröffentlichte Liste ist gleichermaßen Segen wie Fluch. Segen, weil die "abkassierten" Hersteller jetzt wenigstens wissen, wegen was sie zahlen müssen. Fluch, weil sie (wie auch die Linux-Gemeinde) kaum eine Chance haben werden, ihre Produkte von "Microsoft-Patenten" zu befreien: weil die Liste einfach zu lang ist.
Ich habe die Liste mal überflogen und befürchte, dass vermutlich auch recht viele "Trivialpatente" drinnen stecken. Das Patent 8214759 ist mit "Taskbar musicplayer" bezeichnet (also Musikplayer in der Taskleiste). Details zu den Patenten finden sich beispielsweise durch eine Google-Suche nach "microsoft patent 8214759" (also der jeweiligen Patentnummer in der Liste).
Die gefundene Zusammenfassung zum Patent lässt die "Lächerlichkeit" des Patents erahnen. Beschrieben wird halt ein genereller Mechanismus, der Bedienelemente eines Mediaplayers in eine Taskleiste integriert, damit eine Mediensteuerung auch möglich ist, während andere Anwendungen im Vordergrund sind. Prinzipiell zählt gewiss auch eine "Lautstärkeregelung" als "Medienbedienelement".
Lustig an Patent 8214759 ist, dass dessen Beschreibung und Bebilderung so idiotisch simpel sind, dass selbst sehr geringes IT-Denkvermögen ausreicht, um es zu verstehen. Kurzum: jedes einzelne Patent der Liste kann leicht gefunden und in Detail gelesen werden.
Es wird gewiss gleichermaßen spannend wie traurig, mit welchen Patenten Microsoft Kohle macht. Man darf an dieser Stelle aber nicht ausnahmslos Microsoft verdammen. Bekanntlich machen viele Unternehmen mit selbst trivialsten Patenten irre viel Geld.
Am schlimmsten ist der Patentwahn für neue kleine Unternehmen mit frischen Ideen, die finanziell keine Chance haben, gegen Giganten wie Microsoft kostspielige Patentstreits austragen zu können.